Explikat 

Der Prolog als einführende Vorrede steht vor der eigentlichen Dramenhandlung und kann sich auf unterschiedliche Weise mit der folgenden Dramenhandlung auseinandersetzen; er kann sie ankündigen, erläutern, zusammenfassen oder gezielt das Publikum ansprechen und begrüßen. Durch dieses Verhältnis von Prolog und Dramenhandlung wird die unterschiedliche fiktionale Verortung der beiden Elemente deutlich. Trotz dieser Trennung kann der Prolog durchaus von den Figuren der Dramenhandlung vorgetragen werden. Möglich sind jedoch auch Sprecher, die nicht zur fiktionalen Welt des Dramas gehören. Zudem kann der Prolog auch als eigenständiges szenisches Vorspiel inszeniert werden.

In Per Lysanders und Suzanne Ostens Medeas Kinder übernehmen die einzelnen Figuren in Form eines Dialogs und szenischen Spiels den Prolog und liefern dem Zuschauenden erläuternde Informationen über den mythologischen Hintergrund des Dramas. Damit eröffnen sie dem Rezipierenden ein zwar nicht nötiges, aber zusätzliche Interpretationsebenen eröffnendes Hintergrundwissen: 

Prolog

KLEIN-JASON beginnt mit der Erzählung auf der rechten Seite im Zuschauerraum. Es war einmal ein griechischer Prinz, der hieß – Jason läuft herein – Jason. 

[…] 

JASON stürmt herein und übernimmt die Erzählung – das goldene Vlies hatte ein machtbesessner König geraubt und in einen Baum gehängt, den ein riesiger feuerspeiender Drache bewachte.  

KLEIN-JASON, KLEIN-MEDEA UND DIE AMME erzählen weiter und stellen Baum und Drachen dar […]

Doch der König hatte eine wunderschöne Tochter – 

MEDEA drängt sich in die Zuschauerreihe, in die Jason aus Angst vor dem Feuer geflüchtet ist – die zaubern konnte… 

(Lysander; Osten 1984, S. 63)

In Ludwig Tiecks Der gestiefelte Kater führt der Prolog das das Drama begleitende, metafiktionale Element des Theaters auf dem Theater ein und bricht darüber die dramatische Illusion. Thematisiert werden im Rahmen des Prologs zudem der Schauplatz des Theaters auf dem Theater und der Titel des Stücks. Getragen wird der Prolog von unterschiedlichen Figuren, die auch im weiteren Verlauf des Dramas die Handlung kommentieren: 

Prolog

Die Szene ist im Parterre, die Lichter sind schon angezündet, die Musiker sind im Orchester versammelt. – Das Schauspiel ist voll, man schwatzt durcheinander, mehr Zuschauer kommen, einige drängen, andre beklagen sich. Die Musiker stimmen.

[…]

Fischer: Aber ich bin doch in der Tat neugierig. – Lieber Herr Müller, was sagen Sie zu dem heutigen Stücke?
Müller: Nicht im mindesten. – Einen wunderlichen Titel führt es: Der gestiefelte Kater. – Ich hoffe doch nimmermehr, daß [sic] man die Kinderpossen wird aufs Theater bringen.
Schlosser: Ist es denn vielleicht eine Oper?
Fischer: Nichts weniger, auf dem Komödienzettel steht: ein Kindermärchen.

[…]

(Tieck 1978)

Begleitet wird der Prolog häufig von einem Epilog, der inhaltlich mit dem Prolog verknüpft sein kann. Um die Verbindung der beiden Elemente auch strukturell vorzuführen, werden Prolog und Epilog häufig mit ähnlichen Mitteln inszeniert bzw. von den gleichen Gesprächsformen getragen. 


Bibliografie

Primärliteratur