Inhalt

Nachts lesen Xan und sein Vater ein verwaistes Gepardenjunges auf, dessen Mutter von Löwen getötet wurde. Sie nehmen es mit nach Hause und ziehen es auf ihrer großen Farm, die weit ab im südafrikanischen Hinterland am Rande eines Reservats liegt, auf. Xan schließt das Tier in sein Herz. Es wird sein ständiger Begleiter. Der Junge nennt das niedliche Tierbaby Duma, was auf Suaheli Gepard bedeutet. Ihm ist klar, dass er hohe Verantwortung für die Raubkatze trägt, die schnell heranwächst. Dennoch kann er sich nur schwer damit abfinden, Duma schon recht bald wieder in die Wildnis entlassen zu müssen. Sein Vater schmiedet bereits Pläne für die Auswilderung.

Doch bevor es dazu kommt, stirbt der Vater plötzlich. Notgedrungen muss Xans Mutter die Farm aufgeben und sich einen Job in der Stadt suchen. Xan wird in seiner neuen Schule von Anfang an zum Außenseiter abgestempelt. Und für Duma sind Stadtwohnungen entschieden zu eng. Sein Bewegungsdrang ist enorm. Inzwischen kann er locker mit jedem Auto Schritt halten. Nichts hält die beiden also in der Stadt. So beschließt Xan, das Vorhaben seines Vaters zu Ende zu bringen. Hinter dem Rücken seiner Mutter macht er sich auf einem Motorrad mit Duma im Beiwagen auf und davon. Der Sprit reicht nicht sehr weit. Mitten in einer Salzwüste macht die Maschine schlapp. Xan findet Unterschlupf in einem Flugzeugwrack. Dort begegnet ihm der Landstreicher Rip, der eine kleine Wasserreserve bei sich hat. Um sich aus ihrer misslichen Lage zu befreien und schnellstens die nächste Wasserstelle anzusteuern, rüsten die beiden das Motorrad mit einem Segel aus. Sie kommen gut voran. Aber Xans Misstrauen wächst. Will der Fremde vielleicht Duma an Zoohändler verkaufen?

Xan nutzt die nächste Gelegenheit sich abzusetzen und setzt seine Reise auf eigene Faust auf einem selbst gezimmerten Floß fort. Auf dem Wasser lauern viele Gefahren. Nach dem Absturz an einem Wasserfall und der Begegnung mit einer Horde von Krokodilen landen Xan und Duma glücklich wieder an Land und treffen dort wieder auf Rip. Mehr und mehr zeigt sich, dass Rip eigentlich ein vertrauenswürdiger Weggenosse ist. Zwar gibt er zu, dass er durchaus mit dem Gedanken gespielt hatte, Duma zu verkaufen. Auch ist er bei seinem Leben in der Stadt auf die schiefe Bahn geraten. Doch nun möchte er nur noch zurück zu seiner Familie, die in der Savanne lebt.

Für das Überleben in der Wildnis hat Rip einige Tricks und Kniffe auf Lager. So ergaunern sich die beiden das luxuriöse Buffet einer Touristengruppe. Sie halten sich durch Lagerfeuer die Löwenrudel vom Leib und steuern in einem Paddelboot weiter ihrem Ziel entgegen. Als aber ein Schwarm von Tse-Tse-Fliegen über die beiden herfällt, wird es für Rip brenzlig. Der Angriff der Insekten lässt eine alte Infektion wieder aufflammen. Rip ringt mit dem Tod, während Xan verzweifelt nach Hilfe sucht. Glücklicherweise trifft er auf eine kleine Siedlung, wo sich eine Medizinfrau des Kranken annimmt, der inzwischen durch Schwellungen im Gesicht total entstellt ist. Als Rip aus der Ohnmacht erwacht und ihm seine Maske aus Heilsalbe abgenommen wird, erkennen die Dorfbewohner in ihm den lang schon vermissten Verwandten wieder. Duma hat inzwischen das Jagen gelernt und sich in der Wildnis einem Artgenossen angeschlossen. So kehrt Xan schließlich zu seiner Mutter zurück, die inzwischen wieder auf der Farm lebt.

 

Abb. 1: Screenshot aus Duma - Mein Freund aus der Wildnis (2005).Verleih: Warner Home Video

Kritik

Vordergründig geht es in diesem Tierfilm wie so oft um das Thema artgerechter Tierhaltung und darum, dass man Wildtiere nicht an sich binden kann. Doch Duma – Mein Freund aus der Wildnis handelt auch von einem Jungen, der die dramatischen Veränderungen in seinem Leben meistert und den Wandel als Ausdruck des Lebens anzunehmen lernt. Regie-Routinier Carroll Ballard, der sich bereits mit seinen Vorgängerfilmen Wenn die Wölfe heulen, Der schwarze Hengst und Amy und die Wildgänse einen Ruf als Tierfilm-Spezialist erwarb, flechtet in seine Dramaturgie Elemente des Roadmovies ein.

Zeichnete sich schon Amy und die Wildgänse durch spektakuläre Flugaufnahmen aus, so ist es auch bei Duma – Mein Freund aus der Wildnis die Kamera, die dem Film seine narrative Kraft verleiht. Zumeist in Morgen- oder Abendstimmungen fängt sie die Weiten der Savanne in Tönen zwischen Goldgelb und warm leuchtendem Rosa ein. Eine verlockende Natur, die eine wunderbare Folie für eine Atmosphäre von Freiheit und Abenteuer bietet. Zugleich eine beeindruckende Wildnis, in der Mensch und Tier sich behaupten müssen. Von einem Zuhause, wie es Protagonist Xan hat, dürften viele Kinder träumen. Es ist so abgelegen, dass es niemand stört, wenn sein Vater Peter ihn ein Motorradgespann lenken lässt. Seine Eltern bieten ihm mit ihrem Humor und ihrer Zuneigung die Wärme, die ein Junge braucht, der nur wenig Kontakt zu Gleichaltrigen hat und an den das Leben in freier Natur große Anforderungen stellt.

Xan wird als starker selbstbewusster Charakter gezeichnet, der seinen bärbeißigen Humor von seinem Vater geerbt hat. Nicht ganz schlüssig in der Story ist der Aspekt, dass dieser Junge die ja durchaus geplante Auswilderung hinter dem Rücken seiner Mutter betreibt. Es scheint den Konventionen des Tierfilmgenres geschuldet zu sein, dass Xan sich allein behaupten muss. Unverbrüchlicher Teil des Plot-Schemas von Tierfilmen ist das verwaiste Kind, das im Tier zunächst ein vertrautes Wesen findet, mit dem es eine emotionale Lücke füllt. Dieses Kind muss aber schließlich erfahren, dass es ein wildes Tier nicht an sich binden kann. Dieses Schema kennt man bestens aus Free Willy, wo ein elternloser Junge von der Straße das Vertrauen eines Wals gewinnt und sich für dessen Auswilderung einsetzt.

Wo man auch hinsieht: Das Genre des Tierfilms ist bevölkert von verwaisten oder halbverwaisten Kindern. So war es bereits bei Lassie und Flipper, und so ist es auch heute. Misa in Misa mi hat gerade ihre Mutter verloren, während Kim in Kim und die Wölfe ohne Vater ist und sich gar nicht erst auf die flüchtigen Affären ihrer chaotischen Mutter einstellt. Tommy in Tommy und der Luchs vollendet das Auswilderungsprojekt seiner just verstorbenen Mutter, und auch Amy in Amy und die Wildgänse kommt nach Kanada zu ihrem Vater, nachdem ihre Mutter in Australien gestorben ist. Man könnte noch viele solche Beispiele nennen. In Duma allerdings kommt ein weiteres Motiv hinzu. Xan muss sich nicht nur von einem liebgewonnenen Tier verabschieden, er muss den Verlust seines Vaters verarbeiten, und das heißt, die Veränderungen in seinem Leben auch als Chance zum Aufbruch und zu neuen Bindungen zu erleben.

Das bedeutet auch Vertrauen zu anderen Menschen aufzubauen. Wobei die Episode in der Schule zunächst das genaue Gegenteil erzählt und sehr kurz abgehandelt wird. Die Stadt, die Schule – das ist nicht die Lebenswelt eines zur Freiheit bestimmten Jungen wie Xan. Ohne ersichtlichen Grund gerät er in der neuen Schule unmittelbar in die Rolle des Mobbing-Opfers. Doch damit hält sich die Erzählung nicht lange auf. Vielmehr konzentriert sie sich auf die Begegnung mit dem zwielichtigen Rip. Eine Paarung, wie sie einem Italo-Western entstammen könnte: zwei ungleiche Weggefährten in einer unwirtlichen Umgebung auf Gedeih und Verderb aufeinander angewiesen.

Die Story spielt in der Konfrontation von Xan und Rip Situationen durch, in denen es um Vertrauen, Wertschätzung, Hilfestellung und schließlich sogar um so etwas wie eine Lebenseinstellung geht. Lebenseinstellungen und Standpunkte könnten durchaus sehr verschieden sein, wenn sich Schwarz und Weiß in Südafrika begegnen. Man spürt in der Erzählung, dass sie zwar von Verständnis für die Probleme und von Respekt für die Kultur der angestammten afrikanischen Bevölkerung getragen ist. Entsprechend bildet Ballard das Dorfleben gegen Ende beinahe dokumentarisch ab. Doch bleiben die konkreten gesellschaftlichen Bezüge sehr vage.

Seine Stärken zeigt Dumahingegen in atemberaubenden Tierstudien. Allein die Aufnahmen, die den jungen Gepard zeigen, wie er zu einem Spurt in Autobahngeschwindigkeit ansetzt, sind das Eintrittsgeld wert. Stark ist auch das Schauspiel in allen zentralen Rollen. Alexander Michaletos spielt Xan als Jungen, der kaum unterzukriegen ist. Der sichtlich ergraute, aber immer noch sehr jungenhafte Campbell Scott mimt den Vater als Sympathieträger, ausgestattet mit Humor, Pragmatik und unerschütterlichem Optimismus. Warum dieser überaus vitale Vater allerdings an einer tödlichen Erkrankung stirbt, die ihn augenscheinlich nur wenig beeinträchtigt, das fragt man sich schon.

Bisweilen ist die Erzählung nicht ganz schlüssig. So auch, wenn die etwas blasser gespielte Mutter zu einer einsamen Suchaktion aufbricht und dieser Strang nicht weiter verfolgt wird. Besonders herausstechend ist allerdings die schauspielerische Leistung von Eamonn Walker, der den in die Kriminalität abgerutschten Familienvater Rip als Figur zeigt, die ihren Anstand und ihre Würde in keiner Weise eingebüßt hat. Als väterlicher Freund steht er Xan zur Seite.

 

Abb. 2: Screenshot aus Duma - Mein Freund aus der Wildnis (2005).Verleih: Warner Home Video

Fazit

Nicht ganz so spektakulär zwar wie der Vorgänger Amy und die Wildgänse ist dem Tierfilm-Routinier Ballard mit Duma dennoch ein solides Genrewerk gelungen, das mit seiner Optik besticht, das die klassischen Erzählmuster um neue Motive bereichert und das speziell in der Figurenzeichnung bisweilen überraschende Nuancierungen erreicht. Teils abrupte, manchmal nicht ganz stimmige Wendungen fallen daher insgesamt kaum ins Gewicht. Carroll Ballard ist nicht nur Regisseur, sondern auch Kameramann. Und das merkt man diesem Film mit seinen erlesenen Schauwerten auch an. Empfohlen ab 10 Jahren. 

 

Abb. 3: Screenshot aus Duma - Mein Freund aus der Wildnis (2005).Verleih: Warner Home Video

Titel: Duma - Mein Freund aus der Wildnis
Regie:
  • Name: Ballard, Carroll
Drehbuch:
  • Name: Janszen, Karen
  • Name: St. Germain, Mark
Erscheinungsjahr: 2005
Dauer (Minuten): 95
Altersempfehlung Redaktion: 10 Jahre
FSK: 6 Jahre
Format: Kino