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Die bayerische Ortschaft Schladerbach, südlich von München, geschmückt von der Silhouette der Alpen, beherbergt ein Geheimnis: Eine unterirdische – nur zwölf Steinpilze tief gelegene – kleine Siedlung unter der Wiese des Grundstückes der Familie Reiter, welche von hilfsbereiten Butzemännern bewohnt wird, die für Menschen meist unsichtbar sind. Hatschipuh ist einer dieser Butzemänner. Von der Existenz des zauberhaften Butzendorfes weiß nur Opa Reiter. Eines Tages wird der Lebensraum der Butzemänner von einem Bautrupp zerstört, sodass die Kobolde heimatlos werden. Opa Reiter quartiert die Butzemänner kurzerhand in der Scheune des Familien-Bauernhofs ein. Doch Vater Reiter hat, ohne, dass jemand davon wusste, den gesamten Hof verkauft, um mit der Familie in die Stadt ziehen zu können, wo er sich ein weniger stressiges und mühsames Leben erhofft. Die Familie ist zwar gegen einen Umzug, doch es ist zu spät. Die Butzemänner bleiben auf dem Hof, um den Tieren beizustehen und sich um diese zu kümmern.

Währenddessen lernt die Familie Reiter das Leben in der Stadt kennen: Die Kinder langweilen sich, Vater Reiter ist mit den Menschenmassen überfordert und Opa Reiter leidet unter dem schnellen Straßenverkehr und den technischen Neuheiten der Stadt, sodass er in einer Kneipe Ablenkung sucht. Er verkraftet den Umzug und das Leben in der Stadt nicht und bricht in der Kneipe zusammen.

Im Krankenhaus verkündet ein Arzt, Opa Reiter habe seinen Lebenswillen verloren und man wisse nicht, ob er wieder aufwache. Dann erfährt der älteste Enkel Sebastian von der Existenz der Butzemänner, die nicht aufgeben und den Opa retten wollen. Dafür lassen sie sich – allen voran Hatschipuh – allerhand einfallen. Die Butzemänner machen auf dem Bauernhof  mächtig Wirbel: Sie verängstigen die neuen Bewohner, die glauben es spuke auf dem Hof und flüchten. Langsam  beginnt der Genesungsprozess des Opas und die Familie Reiter kann am Ende wieder in ihr altes Zuhause zurück kehren, wo sie ein großes Fest feiern.

Abb. 1: Screenshot aus Hatschipuh (1986). Verleih: Tivoli

Kritik

Durch den gesamten Film zieht sich kontinuierlich die Antithetik zwischen Stadt und Land. Das harmonische Landleben vor der friedlichen Kulisse der Alpen, mit krähendem Hahn, läutenden Kirchenglocken und romantischem Sonnenaufgang soll den Zuschauenden in eine beruhigende, harmonische Stimmung versetzen. Diese stereotypisierte Darstellung des Dorflebens (dialektsprechende Bauern, höflicher, familiärer Umgang, Gebete vor dem gemeinsamen Mittagessen, kein technischer Fortschritt) wird von der Familie Reiter verkörpert, die schon seit Generationen auf ihrem Bauernhof lebt und das einfache Leben genießt, ganz getreu dem Motto: Hier ist das Leben noch unkompliziert, friedvoll und ehrlich.

Als die Familie den Bauernhof verlassen muss und in die Stadt zieht, wird dieses harmonische Bild in den Kontrast zum Stadtleben gesetzt. Die auftretende Antithetik wird durch schnellen Straßenverkehr, Rolltreppen und Menschenmassen verstärkt. Der Bauherr Otto Leder mit seiner Familie steht für dieses snobistisch dargestellte Leben in der Großstadt. Immer wieder zeigt sich im Film die Situation 'Stadt versus Land', wobei das Landleben mit Hilfe der positiven Darstellung und der sympathischen, sowie ehrlichen Charaktere weitaus besser abschneidet. Diese stereotypische Darstellung wirkt zwar etwas plump und undifferenziert, ist aber für Kinderaugen klar strukturiert.

Obwohl diese Inszenierung anfangs deutliche schwarz-weiße/gut-böse Positionen suggeriert, zeigt der Film auch die Überwindung dieser Dichotomie. Denn aufgelöst wird die Kluft durch die sich entwickelnde Freundschaft zwischen Sebastian und Helga, der Tochter des Bauherren Otto Leder. Die beiden Figuren überwinden die Gegensätze trotz großer Differenzen und schließen enge Freundschaft. König weist somit auf einen altbekannten Märchen-Aspekt hin, indem Kinder den Erwachsenen überlegen sind und sich auf die wichtigen Werte, wie Freundschaft, Loyalität und Ehrlichkeit besinnen. Obwohl Königs Werk ansonsten ohne pädagogischen Zeigefinger auskommt, lässt sich an dieser Stelle ein moralischer Hauch nicht leugnen.

Die phantastischen Elemente des Films rund um Hatschipuh und die anderen Butzemänner mit ihren magischen Kräften verstärken diesen Aspekt. Sie repräsentieren die unsichtbare, helfende Hand und agieren im Sinne der Gerechtigkeit um guten Menschen Gutes zu tun. Ein Happy End ist in diesem Film eben aufgrund dieser Butzemänner gesichert. Obwohl dem erwachsenen Zuschauer der Ausgang der Handlung bereits zu Beginn klar ist, schafft der Film es durch Witz, versteckte Andeutungen auf weltgeschichtliche Ereignisse und das idyllische Flair auch das ältere Publikum zu fesseln.

Abb. 2: Screenshot aus Hatschipuh (1986). Verleih: Tivoli

Fazit

Auch wenn Hatschipuh  sich nicht allzu großer Bekanntheit erfreuen kann, so ist er doch bei allen, die ihn kennen, ein sehr beliebter Film, der dank seiner kleinen gezeichneten Butzemänner einen hohen Wiedererkennungswert genießt. Zwischen dem Butzemann Hatschipuh und seinem Vorbild Pumuckl gibt es zwar unverkennbar Parallelen, die schon alleine aufgrund der gleichen Trick-Technik  ersichtlich sind, doch Ulrich König schuf zwei Figuren mit eindeutig unterschiedlichen Geschichten und Charaktereigenschaften. Hatschipuh kann hinsichtlich der inszenatorischen Möglichkeiten vielleicht nicht mit modernen Disney-Verfilmungen mithalten, erweist sich aber durchaus als sympathische, einfache, leicht betuliche Kinderunterhaltung, die mit Blick auf die phantastischen, kreativen und erzählerischen Momente den Hollywood-Filmen in nichts nachsteht.

Titel: Hatschipuh
Regie:
  • Name: König, Ulrich
Drehbuch:
  • Name: König, Ulrich
  • Name: Marischka, Franz
Erscheinungsjahr: 1986
Dauer (Minuten): 95
Altersempfehlung Redaktion: 6 Jahre
FSK: 6 Jahre
Format: Kino