Michael Stierstorfer traf ihn am 09.10.2008 bei einer großen Kinoveranstaltung zu Krabat in Kooperation mit der Akademie für KJL in einem Multiplex-Kino bei Würzburg. An diesem Event nahmen ca. 500 Schülerinnen und Schüler zusammen mit ihren Lehrkräften teil und lasen im Vorfeld Preußlers Klassiker, um diesen dann mit der Verfilmung zu vergleichen und eine Rezension zum Film zu verfassen. Für diesen intermedialen Ansatz im Schulkontext hatte Stierstorfer im Vorfeld Unterrichtsmaterialien erstellt, welche die Lehrerinnen und Lehrer bayernweit als Vorbereitung auf die Veranstaltung mit ihren Schützlingen durchnahmen (vgl. Stierstorfer 2017). Somit lag der Fokus des folgenden Interviews mit dem Regisseur ganz bei der Umsetzung des Films (im Kontrast zum Roman):

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Kreuzpaintner steht in einem Kino bei Würzburg dem kritischen Schul-Publikum Rede und Antwort. © privat

Die sorbische Sage um Krabat ist bereits im 19. Jahrhundert überliefert. Warum sollte man Ihrer Meinung nach den Film zu diesem "alten" Stoff anschauen?

Krabat ist eine zeitlose Geschichte, die von Verführbarkeit der Jugend handelt, große Emotionen wie Liebe, Freundschaft und Trauer beinhaltet und zudem höchst spannend und düster ist. Etwas, das man vom deutschen Kino nicht jeden Tag bekommt. Von Otfried Preußler sicherlich als Faschismus Parabel angelegt, ist Krabat in Bezug auf das Thema, dass man als junger Mensch einer Gruppe zugehören will, noch immer aktuell. Denn mehr als je zuvor sind Jugendliche dem Werben "der bösen Meister" ausgesetzt, werden zielgruppenmäßig erschlossen. Da will man jungen Menschen die Stärke wünschen, zu sich selbst zu stehen und an die eigene Freiheit und Selbstbestimmung zu glauben.

Literatur muss immer erst in das Medium Film "übersetzt" werden, was häufig immense Eingriffe in die Vorlage beinhaltet. Wie stark haben Sie sich an die Vorgaben des Romans gehalten?

Ich habe mir gesagt, wenn Du Krabat verfilmst, dann wollen die Leute auch ihren Roman wiedererkennen. Also haben wir versucht, so nah am Werk zu bleiben wie möglich. Mein Drehbuchpartner Michael Gutmann hat da extrem gute Arbeit geleistet. Dass er den Roman strukturell von drei auf zwei Jahre verkürzt hat, war ein wichtiger Schritt, den Film aufregend und überraschend zu halten.

Für eine gelungene Inszenierung von Krabat waren sicherlich auch die mystisch-atmosphärische Settings wichtig. Warum haben Sie den Film hauptsächlich in der rumänischen Stadt Sibiu gedreht?

Die Landschaften, die wir um Sibiu herum gefunden haben, waren die einzigen in Europa, die uns ein Gefühl von glaubhaftem Mittelalter gegeben haben. Durch die Diktatur Nicolae Ceauşescus wurde die Landschaft nicht weitestgehend industrialisiert oder flurbereinigt wie im restlichen Europa. Felder verlaufen hier noch über Hügelkuppen und kreuz und quer. Das sieht mehr nach der Dreifelderwirtschaft aus wie sie im Mittelalter vorherrschte. Darüber hinaus fanden wir hier ein tolles Team und märchenhafte Wälder und Landstriche, die über Kilometer hinweg unbesiedelt und unerschlossen waren.

Die wichtigsten Orte im Roman wie im Film sind die Schwarze Mühle und das Dorf der Sorben. Wie aufwändig war der Bau der Kulisse bzw. des Dorfes Schwarzkollm?

Auch hier hat sich mein Szenenbildner Christian Goldbeck extrem an historischen Bauweisen orientiert. So gibt es in den gesamten Bauten beispielsweise keine einzige Spackschraube. Viele Hölzer sind jahrhundertealt und wurden teilweise von alten rumänischen Bergbauerhöfen abgetragen. Da die Gebiete unerschlossen waren, mussten wir viel auf Pferdetransporte etc. zurückgreifen. Das war dann schon oft wirklich wie im Mittelalter.

Im Rahmen der vielen digitalen Szenen vor Green- oder Blue-Screens, wie z.B. beim Verwandeln in Raben oder beim Zaubern, mussten die Schauspieler sicherlich oft improvisieren. Fällt Ihnen spontan in diesem Kontext ein lustiges Ereignis zum Dreh ein?

Vieles war absurd. Bei den ganzen Blue-Screen-Szenen etwa, wenn Daniel Brühl mit einem Tennisball spielen musste, der dann einmal ein Rabe sein sollte im Film später, mussten wir schon oft lachen. Da muss man dann an die Zauberkraft des Films glauben.

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Autogrammstunde vor Teilen der Originalkulisse (v.l.): David Kross, Paula Kalenberg, Hanno Koffler und Marco Kreuzpaintner erfüllen in der Schwarzen Mühle die Autogrammwünsche der Schülerinnen und Schüler. © privat

Vielen Dank für das aufschlussreiche Interview, Herr Kreuzpaintner, und viel Erfolg für ihre weiteren Film- und Serienprojekte! Für die Serie Beat haben Sie ja erst vor Kurzem den Grimme-Preis erhalten, wofür wir Sie herzlich beglückwünschen dürfen! Wir werden sicher noch viele tolle Produktionen von Ihnen zu sehen bekommen...

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Dr. Michael Stierstorfer und Dr. Claudia Pecher, Präsidentin der Akademie für KJL, bei dem Kinoprojekt "Deutschunterricht im Kino" zusammen mit dem (damaligen) Leiter des Kinos und zahlreichen Krabat-Fans. © privat

Literaturhinweis:

Stierstorfer, Michael: Deutschunterricht im Kino: Intermediales Lernen am Beispiel von Kreuzpaintners Krabat-Verfilmung (2008) in der Sekundarstufe I. Theoretische Grundlagen zur Intermedialität – kompetenzorientierte Materialien zum Einsatz in der Praxis. Aachen: Shaker, 2017.

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Koffler und Kreuzpaintner beim Signieren von Krabat-Plakaten für die Klassenzimmer der begeisterten Schülerinnen und Schüler. © privat