Explikat 

Im antiken Drama tritt der Chor als Kollektiv singend und tanzend auf, wobei er gleichermaßen Teil der Öffentlichkeit auf der Bühne ist und sie repräsentiert. Dieser durchaus selbstreferenzielle Bezug des Chores findet sich auch in seiner modernen Ausrichtung als dramatisches Element wieder, welches bspw. illusionsbrechende oder verfremdende Funktion besitzen kann. So vermag es der Chor bspw., sich in Form von Parabasen an das Publikum zu wenden und die vierte Wand zu durchbrechen. Zum anderen kann der Chor auch die Dramenhandlung kommentieren und reflektieren. Der Chor ist nicht immer vollkommen in das fiktive Dramengeschehen integriert. Der Chor kann auch eingesetzt werden, um die Dramenhandlung zu gliedern.

Diese kommentierende Haltung zeichnet zunächst das Auftreten des Chors in Medeas Kinder von Per Lysander und Suzanne Osten aus. In seiner apostrophischen Hinwendung an Zeus hebt der Chor Medeas Situation im Drama hervor und positioniert sich zudem zu dieser: "CHOR Zeus, Licht und Erde! Vernahmt ihr den Ruf, mit welchem die Unglückselige laut ihr Lied beklagt?" (Lysander und Osten 1984, S. 74)

Darüber hinaus dient der Chor im Stück zur Unterscheidung zwischen den beiden Handlungsräumen "Kinderzimmerbereich" und "Klassikerebene" (ebd.). So tritt der Chor vornehmlich auf der Klassikerebene auf und hebt somit das dem Stück eigene Spiel mit dem Ursprungstext hervor. Durch dieses Spiel mit den unterschiedlichen Referenzebenen wird die Illusion des Dramas zwar nicht gebrochen, aber zumindest gestört.


Bibliografie

Primärliteratur

  • Lysander, Per und Suzanne Osten: Medeas Kinder. In: Schwedisches Kindertheater. Fünf Stücke. Hrsg. von Dirk H. Fröse. Frankfurt am Main: Verlag der Autoren, 1984. S. 59-106.