Inhalt

Auf 48 Seiten wird die Entwicklung eines Embryos von der Größe eines "Gummibärchens" (o.S.) in der achten Woche, bis zu den ersten Lebenstagen außerhalb des Bauches dargestellt. Wer wohnt denn da in Mamas Bauch? erklärt, was das Baby im Bauch der Mutter erlebt und wahrnimmt. Auf jeder Seite zeigen längere Texte und cartoonartige Illustrationen die Entwicklung des Babys, während auf jeder Doppelseite Infokästen in Form von gelben Notizzetteln über die Größe, das Gewicht und die Hauptaktivitäten des Babys in der entsprechenden Woche aufklären.

Kritik

Wer wohnt denn da in Mamas Bauch? überzeugt mit humorvollen Texten ("Es ist so klein wie ein Gummibärchen. […] Still und frech würde es zwischen Lakritzen, Himbeerbonbons und Schokoladenstückchen sitzen." (o.S.)) und dazu passenden Illustrationen. Kindgerecht adressieren die Texte Geschwisterkinder in direkter Ansprache. Dabei fordern sie etwa dazu auf, Experimente durchzuführen, um nachzuempfinden, wie schnell das Herz des Babys in der 12. Woche schlägt - nämlich so schnell, wie wenn das Geschwisterkind "fünfzig Mal auf und ab" (o.S.) hüpft (s. Abb. 1). Dabei nehmen die Texte für Geschwisterkinder interessante Details gewitzt auf und dürften auch erwachsene Vorlesende amüsieren, etwa, wenn das Trinken des Fruchtwassers, und damit des Urins, mit den Worten "Hinterher trinkt es das Wasser auch noch, das kleine Ferkel" (o.S.) kommentiert wird. Auch stellen die Texte Bezüge zur Lebenswelt der Geschwisterkinder her, zum Beispiel, indem die Bewegungen des Babys im Bauch mit der abendlichen Weigerung von Geschwisterkindern verglichen werden, einzuschlafen ("Erst möchtest du etwas zu trinken haben. Dann bist du nicht richtig zugedeckt. Dann fällt dein Kopfkissen auf den Fußboden." (o.S.)). Wer wohnt denn da in Mamas Bauch? bleibt somit auf Augenhöhe mit Geschwisterkindern und erklärt auch, wieso die werdende Mutter sich mitunter für kindliche Lesende unverständlich verhält:

Hormone klingen vielleicht so, als könnte man sie essen, so ähnlich wie Makronen. […] Manchmal bestimmen sie, dass deine Mama fröhlich ist. […] [M]al muss sie plötzlich weinen. […] Wenn deine Mama also manchmal etwas komisch ist […], [d]ann brauchst du nur zu sagen: 'Och, das sind ja bloß Mamas blöde Hormone.

DANESKOV Abb1Abb. 1: Wer wohnt denn da in Mamas Bauch? fordert Geschwisterkinder zu Experimenten auf und amüsiert mit seinen humorvollen Illustrationen und Vergleichen.

Doch nicht nur auf textlicher, sondern auch auf bildlicher Ebene werden verschiedene komplexe Konzepte der Entwicklung eines Babys kindgerecht vermittelt. Hierzu gehören etwa direkte bildliche Vergleiche ("so klein ist seine Hand" (o.S.)) (s. Abb. 2). Cartoonartige Illustrationen, die das Baby mit Taucherbrille zeigen, um das Fruchtwasser zu erklären, oder mit Turngeräten, wenn das Baby sich viel bewegt, tragen ebenfalls humorvoll zum Verständnis bei (s. Abb. 1).

DANESKOV Abb2Abb. 2: Das Sachbilderbuch stellt eindrückliche Vergleiche auf, bildet aber auch ein traditionelles Familienbild ab.

Besonders freuen dürften Geschwisterkinder sich schließlich über die Notizzettel auf der letzten Doppelseite, auf denen sie unter anderem dazu aufgefordert werden, Namensvorschläge für das Baby zu nennen oder zu überlegen, welches Spielzeug sie dem Baby unbedingt zeigen möchten, aber auch "[m]it welchem […} Spielzeug […] das Baby nicht spielen [darf]" (o.S.). Damit versetzt sich Wer wohnt denn da in Mamas Bauch? empathisch in die Lage von Geschwisterkindern, die vielleicht nicht immer begeistert vom neuen Familienmitglied sind (s. Abb. 3). 

DANESKOV Abb3
Abb. 3: Empathisch adressiert Wer wohnt denn da in Mamas Bauch? Geschwisterkinder.

Ein Wermutstropfen ist in der Konzeption des Buches das recht traditionelle Familienbild, das Wer wohnt denn da in Mamas Bauch? vermittelt. Wie selbstverständlich wird davon ausgegangen, dass es in der Familie einen Vater gibt (der auf jeden Fall größere Füße hat als die Mutter, s. Abb. 2) und dass das Geschwisterkind bei der Geburt auf keinen Fall dabei ist ("Geburten sind für Erwachsene." (o.S.)). Damit wird die Geburt thematisch ausgeklammert und gewissermaßen tabuisiert. Zudem sind auf den Bildern nur weiße Personen zu sehen. Auch die Entstehung eines Baby (etwa die Befruchtung durch Geschlechtsverkehr oder künstliche Befruchtung) und die Beschreibung von Geschlechtsorganen werden nicht thematisiert.

Die größte Stärke von Wer wohnt denn da in Mamas Bauch? ist somit die humorvolle Herangehensweise an das Thema. (Vor-)Lesende, denen Wer wohnt denn da in Mamas Bauch? dennoch zu heteronormativ verankert ist und die auf der Suche nach einem Sachbilderbuch mit diverserem Fokus sind, können auf Wie entsteht ein Baby? zurückgreifen. Konkretere, sachlichere medizinische Informationen und Details erhalten (Vor-)Lesende im Sachbilderbuch Ein neues Leben entsteht – das aber eher für etwas ältere Kinder zu empfehlen ist.

Fazit

Wer wohnt denn da in Mamas Bauch? ist amüsant, ansprechend und anschaulich gestaltet und überzeugt somit sicherlich nicht nur Geschwisterkinder und Kinder, in deren Umfeld gerade ein Baby heranwächst, sondern auch werdende Eltern in heteronormativen Settings, die sich gerne auf humorvolle Weise über das Heranwachsen eines Babys informieren möchten. Die lustigen, aber doch schon verhältnismäßig langen Texte sprechen für ein (Mit-)Lesealter ab vier Jahren und dürften Kindern bis zum Alter von sieben Jahren sicherlich viel Spaß bereiten.

Titel: Wer wohnt denn da in Mamas Bauch? Ein Buch für große Geschwister.
Autor/-in:
  • Name: Daneskov, Lars
Originalsprache: Dänisch
Originaltitel: Mor har en baby inde i maven
Übersetzung:
  • Name: Kutsch, Angelika
Illustrator/-in:
  • Name: Bigum, Klaus
Erscheinungsort: Leipzig
Erscheinungsjahr: 2014
Verlag: Klett Kinderbuch
ISBN-13: 978-3-95470-093-6
Seitenzahl: 48
Preis: 15,00 €
Altersempfehlung Redaktion: 4 Jahre
Daneskov, Lars/Bigum, Claus: Wer wohnt denn da in Mamas Bauch? Ein Buch für große Geschwister.