Inhalt

Auf dem Gutshof ihrer verstorbenen Eltern lebt Aschenbrödel mit ihrer Stiefmutter. Obwohl genügend Personal zur Verfügung steht, muss Aschenbrödel im Gegensatz zu ihrer Stiefschwester Dora täglich niederste Arbeiten erledigen. Derweil plagen sich diese und ihre Mutter mit ganz anderen Sorgen: Dora soll das Herz des Prinzen gewinnen. Eine günstige Gelegenheit dazu ist der kommende Ball des Königspaars, der dazu dienen soll, dem nun schon dreißigjährigen Prinzen eine passende Ehefrau zu suchen.

Der Prinz jedoch hält vom Heiraten nicht viel und geht lieber im Wald jagen. Während auf dem Gutshof alle Vorbereitungen für den Ball laufen, stiehlt sich Aschenbrödel davon, um mit ihrem Schimmel Nikolaus in den Wald zu reiten. Dort trifft sie das erste Mal auf den Prinzen, welchen sie mit einem Schneeball bewirft, als dieser gerade ein Reh abschießen will. Nach einer kleinen Verfolgungsjagd gelingt es Aschenbrödel zu verschwinden. Für den Prinzen war sie nur ein kleines, schmutziges und verspieltes Mädchen, doch Aschenbrödel hat sich verliebt.

Als der Knecht Vinzek mit Stoffen und Schmuck aus der Stadt kommt, fallen ihm drei Haselnüsse in den Schoß, welche er nach seiner Ankunft Aschenbrödel schenkt. Doch diese Nüsse haben Zauberkräfte: sie enthalten in ihrer Schale die Gewänder, die sich der Besitzer wünscht. Diese nutzt Aschenbrödel, um den Prinzen wiedersehen zu können.

Quelle: Progress Film-Verleih

Abb. 1: Screenshot aus Drei Haselnüsse für Aschenbrödel (1973). Verleih: PicturesProgress

Kritik

Wer die Grimm’sche Aschenputtel-Geschichte kennt, wird sich über die starken Variationen der Handlung wundern: das Drehbuch basiert nämlich auf dem gleichnamigen Märchen der tschechischen Autorin Božena Němcová.

Drei Haselnüsse für Aschenbrödel von 1973 ist der wohl bekannteste tschechische Märchenfilm. Jedes Jahr zur Weihnachtszeit läuft er mehrmals im Fernsehen. Und das hat auch seinen Grund: Die junge Libuše Šafránková verkörpert das wohl interessanteste und aufgeschlossenste Aschenbrödel aller Zeiten. Sie kann Reiten, Klettern, Bogenschießen und zeigt Witz und Verstand. Zu ihrem Glück tragen nicht nur die drei Zaubernüsse bei, sondern auch ihr geschickter Umgang mit ebendiesen. Kleider alleine helfen nicht weiter; durch ihr Können und ihrem Charme gelingt ihr am Ende der Weg aus der Tyrannei ihrer Stiefmutter.

Ebenso interessant ist Pavel Trávníček als Prinz. Ungewöhnlich alt ist seine Figur: mit dreißig Jahren wohl schon etwas zu alt für einen typischen Märchenprinzen. Er ist gelangweilt vom Hofleben, geht lieber mit seinen Freunden jagen. All die Edeldamen, die ihm als Frau vorgeschlagen wurden, sind für ihn langweilig. Doch als er Aschenbrödel trifft, wird sein Interesse geweckt. Und in ihm steckt weit mehr als ein langweiliger Aristokrat: mit aller Macht versucht er, seine Liebe wiederzufinden.

Diese spannende Geschichte präsentiert sich vor aufwändigen Kulissen (u. a. im Studio Babelsberg), Originalschauplätzen (Schloss Moritzburg bei Dresden oder Schloss Švihov) und einer wunderschönen Schneelandschaft (Böhmerwald). Darsteller und Atmosphäre wirken authentisch. Die schönen Kameraeinstellungen machen dieses Märchen zum filmischen Genuss. Höhepunkt hier ist die Szene, in der Aschenbrödel auf ihrem Schimmel durch den Wald reitet. Begleitet durch die unvergessliche Musik von Karel Svoboda wird diese Szene so schnell nicht vergessen. Der komplette Soundtrack wirkt in sich abgeschlossen, da sich ein musikalisches Thema durch den ganzen Film zieht. Viele Variationen passen zu den jeweiligen Szenen und klingen ähnlich, aber immer wieder anders. Gespielt vom Filmsinfonieorchester Prag ist dieser Soundtrack einer der Höhepunkte des Films.

Dank der gut choreographierten Komparsen wirken die Szenen stets belebt. Continuityfehler oder andere Missgeschicke sind bei der Filmsichtung nicht ersichtlich gewesen. Neben den wirklich gelungenen Kameraeinstellungen gibt es nur leider ein paar unglückliche Aufnahmen, z. B. als Aschenbrödel in bereits oben genannter Szene mit ihrem Schimmel durch den Wald reitet, sind die Point-of-View-Einstellungen eher störend. Hingegen ist das im Film häufig vorkommende Zoomen zwar heutzutage nicht mehr üblich, jedoch ein oft verwandtes Stilmittel der 1970er Jahre.

Kritisch zu betrachten sind die Jagdszenen, die zeigen, wie ein Fuchs verfolgt und mit einer Armbrust erlegt wird. Zwar sieht man nicht, wie er getroffen wird - jedoch wird der Kadaver, in dem der Pfeil steckt, von seinen Jägern triumphierend hochgehalten. Genauso sieht man, wie Aschenbrödel einen Vogel schießt. In Kinderfilmen haben solche Szenen wohl eher nichts zu suchen. Sie könnten einen schlechten Einfluss auf die Kinder in Hinblick auf Respekt vor den Tieren haben.

Quelle: Progress Film-Verleih

Abb. 2: Screenshot aus Drei Haselnüsse für Aschenbrödel (1973). Verleih: PicturesProgress

Fazit

Ein absoluter Höhepunkt des Märchenfilms, der  Zuschauende in seinen Bann zieht. Für Kinder ist die Handlung leicht zu verstehen und die gelungene Hauptfigur ein gutes Vorbild. Aber auch Jugendliche und Erwachsene werden dank des dezenten Humors angesprochen.

Titel: Drei Haselnüsse für Aschenbrödel
Regie:
  • Name: Vorlíček, Václav
Drehbuch:
  • Name: Zelenkovà, Bohumila
Erscheinungsjahr: 1973
Dauer (Minuten): 82
Altersempfehlung Redaktion: 12 Jahre
FSK: 12 Jahre
Format: Kino