Inhalt und Gameplay

Mafia, das 2002 sowohl von der GameStar als auch der PC Games zum Spiel des Jahres gewählt wurde (vgl. GameStar-Redaktion 2003 u. o.V., PC Games 2002), hat seitdem einen "besonderen Platz im Herzen vieler Spieler", wie PC Games-Redakteur Peter Bathge 2017 anlässlich des fünfzehnjährigen Jubiläums des Releases schrieb (Bathge 2017). Daher ist es nicht verwunderlich, dass nun mit der Definitive Edition ein Remake produziert wurde, wobei inzwischen das Nachfolgespiel Mafia II (2010) ein Remaster und Mafia III (2016) ein Re-Release erhielt. Inzwischen können alle drei Spiele im Gesamtpaket Mafia Trilogy zu einem reduzierten Preis erworben werden.

Das Game spielt in der amerikanischen Großstadt Lost Heaven, eine fiktive Mischung aus Chicago und New York, im Jahr 1938. Der Gangster Tommy Angelo ist in Lebensgefahr. Don Salieri, der Boss seiner Mafia-Familie, hält ihn für einen Verräter und will seinen Tod. Um sein Leben und das seiner Familie zu schützen, bietet Tommy den Behörden seine Kooperation an. Er trifft sich heimlich mit einem Vertreter der Polizei, Detective Norman, und versucht diesen von der Ehrlichkeit seines Angebots zu überzeugen, indem er ihm die wichtigsten Stationen seiner kriminellen Laufbahn erzählt: Die Spieler*innen begleiten Tommy von seinen bescheidenen Anfängen als ehrlicher Taxifahrer ohne kriminelle Ambitionen, der zufällig zwischen die Fronten eines Bandenkriegs zwischen den Salieris und ihren Konkurrenten, der Morello-Familie, gerät. Don Salieri gewährt Tommy Schutz, verlangt aber im Gegenzug seine unbedingte Loyalität. In der Folgezeit steigt Tommy rasch in der Mafia-Familie auf und verliert zusehends seine moralischen Skrupel, schließt aber auch Freundschaften vor allem zu den Gangstern Paulie und Sam. Es ist die Zeit der Prohibition, die Salieris kämpfen mit den Morellos um die Vorherrschaft über die kriminelle Unterwelt Lost Heavens und den lukrativen Alkoholschmuggel. Die Auseinandersetzungen werden immer komplexer und gewalttätiger, vor allem als sich ein mit Morello verbündeter Stadtrat als einflussreicher Gegner entpuppt. Aber auch Don Salieri scheint zusehends machtbesessener zu werden und schreckt auch vor Gewalt gegenüber seinen Untergebenen nicht zurück. Tommy muss sich zwischen der Loyalität seinen Freunden und seinem Don gegenüber entscheiden. Es kommt zu einem blutigen Showdown.

Mafia bzw. Mafia: Definitive Edition ist ein Third-Person-Shooter. Die Spieler*innen navigieren ausschließlich den Protagonisten Tommy zu Fuß oder in Fahrzeugen durch Lost Heaven. Die Wege zu den einzelnen Missionen müssen mit dem Auto zurückgelegt werden, was einige Zeit in Anspruch nehmen kann. Die Fahrten durch die Stadt funktionieren nach dem Open-World-Prinzip, während die Missionen einen separaten Spielmodus darstellen. Für die Neuauflage Mafia: Definitive Edition wurde die ursprüngliche Story von Mafia erweitert, wobei die Spielmechanik vom jüngsten Teil der Mafia-Serie Mafia III (2016) übernommen wurde. Die Spielfiguren wurden nun im Motion Capture-Verfahren generiert, d.h. menschliche Bewegungen wurden auf computergenerierte 3D-Modelle übertragen, was die Bewegungen deutlich realistischer wirken lässt (vgl. Fritsch 2020). Im Gegensatz zum Original-Spiel besteht in der Definitive Edition die Möglichkeit, zwischen vier Schwierigkeitsstufen zu wählen, wobei die höchste Schwierigkeitsstufe 'Klassisch' an den Schwierigkeitsgrad von Mafia angelehnt ist, das vergleichsweise anspruchsvoll war. So erklärt der Senior Systems Designer von Hangar 13 Prakash Choraria:

Wenn ich mir das Originalspiel heute anschaue, ist es schon unglaublich herausfordernd […]. Mit dem klassischen Modus wollten wir etwas bieten, bei dem man sich bemühen muss, aber gleichzeitig auch einige Unebenheiten ausbügeln, die das Ganze frustrierend machen könnten. (Hangar 13 2020)

Kritik

Bereits in den zeitgenössischen Kritiken zum Originalspiel wurden zum einen Vergleiche zur GTA-Serie und zum anderen zu Filmen "wie Der Pate, Goodfellas oder Carlito's Way" gezogen, die "in jedem Detail" stecken, wobei "sogar mancher Kameraeinstellung […] die Inspiration anzusehen" sei, so eine Besprechung in der Game Star (o.V. 2002). So gibt es etwa ein Hotel Corleone und ein Fuhrunternehmen namens Scorsese.

Was den grafischen Verbesserungen des Remakes angeht, kann Manuel Fritschs Einschätzung im Magazin GamePro durchaus zugestimmt werden:

Mafia aus 2002 funktionierte, weil wir unser Vorwissen aus Mafia-Filmen, -Büchern und -Serien wie Der Pate oder Die Sopranos in die grobschlächtigen Polygonfiguren projizieren konnten. Die großartig gecasteten Schauspieler des Remakes heben die Inszenierung der Story von Mafia auf ein neues Niveau. In dieser Version des Spiels stehen die Figuren nun auf eigenen Füßen.

Die Geschichte des Originalspiels ist nicht ohne Kuriositäten: Das kleine tschechische Entwicklerstudio Illusion Softworks (2008 umbenannt in 2K Czech und 2013 in Hangar 13) wollte ursprünglich ein Rennspiel im Stil der Driver-Serie entwickeln. Da sich die von Illusion Softworks entwickelte LS3D Engine nicht für ein Mehrspieler-Rennspiel eignete, wurde stattdessen Mafia als lineares Einzelspieler-Spiel mit Open-World-Anteilen entwickelt. Die Spuren der ursprünglichen Rennspiel-Idee lassen sich jedoch vor allem im Originalspiel wiederfinden: Die zweite Mission 'Auf der Flucht' besteht vor allem darin, Tommy, zu diesem Zeitpunkt noch ein einfacher Taxifahrer, durch Lost Heaven zu fahren. Auch im weiteren Spielverlauf verbringen die Spieler*innen zusammen mit Tommy viel Zeit im Auto, da die Wege zu den Einzelmissionen teilweise sehr lang sind. Am deutlichsten werden die Rennspiel-Ursprünge in der berühmt-berüchtigten Mission 5: 'Fairplay', in der Tommy ein Autorennen gewinnen muss. Diese anspruchsvolle Mission hat schon so manch eine/n Spieler*in des Originals zur Verzweiflung getrieben.

In der Definitive Edition wurden daher die Rennspiel-Anteile reduziert, auch wenn die Originalgeschichte weitestgehend unangetastet bleibt und nur um einige Nebenhandlungen erweitert wird:

Die Macher verlieren nicht den Respekt vor dem Original. Wer die 'Mafia'-Serie kennt, fühlt sich im Spiel wieder heimisch – die Verbesserungen machen den Titel modern, verändern aber nicht die Geschichte, die Idee oder das Spielprinzip des Ursprungstitels,

so eine Rezension in der Tageszeitung Die Welt (Gehm 2020). Getreu dem Original wird der Fokus vor allem auf den linearen Fortgang der Handlung gelegt, während die Open-World-Aspekte, trotz der Größe des Handlungsorts Lost Heaven, eher zweitrangig sind, was in derselben Rezension folgendermaßen beschrieben wird: "Abseits dieser Aufträge gibt es in 'Lost Heaven' bis auf einige Sammelgegenstände wenig zu entdecken." (ebd.) Die Grafik des Remakes ist auf dem neusten Stand (vgl. Abb. 1), wobei ebenfalls kritisch angemerkt werden kann, dass es neben allem Detailreichtum hin und wieder zu Grafikfehlern kommt, wenn zum Beispiel mit hoher Geschwindigkeit Auto gefahren wird. Eine zweifellos interessante Idee der Entwickler*innen der Definitive Edition ist die Möglichkeit, das Spiel im Noir-Modus, d. h. in Schwarz-Weiß zu spielen, was als eine Hommage an die Gangster-Filme der Dreißigerjahre (z.B. Angels with Dirty Faces mit James Cagney) und den Film Noir im Allgemeinen interpretiert werden kann (vgl. Abb. 2).

Sinnig Mafia Abb 1Abb. 1: Mafia und Mafia: Definitive Edition im Vergleich. Quelle: Illusion Softworks/2K Games.

Zwei weitere Aspekte dürfen bei einem Vergleich des Originalspiels mit dem Remake nicht unerwähnt bleiben: Der vom Original ausgelöste Eindruck einen Mafia-Film zu spielen, wurde in der deutschsprachigen Version von Mafia auch dadurch erzeugt, dass die Rolle von Tommy mit Stephan Schwartz, dem Synchronsprecher von Andy García (The Untouchables und Der Pate III) besetzt wurde, während der inzwischen verstorbene Helmut Krauss ( bekannt als Synchronsprecher von Marlon Brando in Der Pate und als Paschulke in der ZDF-Serie Löwenzahn) Don Salieri seine unverwechselbare Stimme lieh und Tommys Freund Paulie von Mogens von Gadow gesprochen wurde, der Joe Pesci in den Mafia-Filmen Goodfellas und Casino synchronisierte. Zwar spielen Gordon Piedesack (Don Salieri) und Christian Rudolf (Paulie) ihre Rollen tadellos, aber die atmosphärische Qualität der Ausnahmesprecher Krauss und von Mogens können sie nicht erreichen. Ähnliches kann hinsichtlich der in der Definitive Edition verwandten Musik konstatiert werden: Wie schon im Original ist die Musikauswahl mit Titeln aus den Dreißiger- und Vierzigerjahren u. a. von Cab Calloway, Duke Ellington und Django Reinhard im Remake erstklassig, was dem Spiel eine authentische Atmosphäre verleiht, aber einige Spieler*innen des Originals werden sicherlich Titel wie Belleville und Minor Swing von Django Reinhard oder Chinatown, My Chinatown der Mills Brothers vermissen.

Sinning Mafia Abb 2Abb. 2: Mafia: Definitive Edition im Noir-Mode. Quelle: 2K Games.

Fazit

Mafia ist ein zeitloser Spieleklassiker, der trotz der in die Jahre gekommenen Grafik immer noch zu fesseln vermag. Mit der Definitive Edition erhält Mafia nicht nur ein Update, sondern auch eine Hommage, die dem Original durchaus gerecht wird. Beide Spiele haben ihren ganz eigenen Charme: Während das Originalspiel aus langen Autofahrten, einem anspruchsvollen Gameplay und herausfordernden Missionen besteht, besticht das Remake durch seine Grafik, Verbesserungen im Gameplay sowie einer behutsamen Erweiterung der Kern-Story. Die 2002 in Deutschland erschienene PC-Version ist ab 16 Jahren freigegeben, während die Neuaflage eine Altersfreigabe von 18 Jahren erhalten hat. Beiden Einschätzungen ist aufgrund der gezeigten Gewalt zuzustimmen. Allerdings sollte Mafia nicht nur auf die Gewaltaspekte reduziert werden. Erzählt wird eine packende Geschichte von Freundschaft, Loyalität und Verrat und dem Preis, der für einmal getroffene Entscheidungen zu zahlen ist. Daher lohnt sich Besuch in Lost Heaven – egal in welcher Version.

Literatur

Bathge, Peter: Mafia Replay: Darum erinnern wir uns noch heute gerne an Tommy und Vito, 15 Jahre nach Release. In: PC Games (27.08.2017). (Abruf: 15.12.2021). Hier online abrufbar.

Fritsch, Manuel: Mafia im Test: Ein Remake, das ihr nicht ablehnen solltet. In: GamePro (24.09.2020). (Abruf: 15.12.2021). Hier online abrufbar. 

GameStar Redaktion: Spiel des Jahres 2002: Mafia. In: GameStar (14.02.2003). (Abruf: 15.12.2021). Hier online abrufbar.

Gehm, Florian: Zwei Jahrzehnte alt, spielerisch brillant – so gut ist das "Mafia"-Epos. In: Die Welt (25.09.2020). (Abruf: 15.12.2021). Hier online abrufbar. 

Hangar 13: Alles, was ihr über den klassischen Modus bei Mafia: Definitive Edition wissen müsst. (Abruf: 15.12.2021). Hier online abrufbar. 

o.V.: Wie GTA in den Goldenen Zwanzigern. In: PC Games (2002). (Abruf: 15.12.2021). Hier online abrufbar. 

Titel: Mafia (2002) und Mafia: Definitive Edition (2020)
Plattformen: Microsoft Xbox, Sony Playstation 4, Sony Playstation 2, Microsoft Windows (PC), Microsoft Xbox One
USK: 16 Jahre
Entwicklungsstudio: Hangar 13
Erscheinungsjahr: 2002/2020
Altersempfehlung Redaktion: 18 Jahre
Hangar 13: Mafia (2002) und Mafia: Definitive Edition (2020)