Inhalt

Sunny kann es kaum glauben: Für 85 Cent ist sie Besitzerin eines Hauses, so dass sie mit ihrem Vater und ihrem Bruder Flip aus der engen dunklen Dachwohnung ausziehen kann. Konrad, der früher in einer Werkstadt in der Nähe der alten Wohnung gearbeitet hat und wie ein Opa für Sunny und Flip ist, zieht direkt mit ein.

Das Haus ist etwas Besonderes: "Seine Herrlichkeit", wie das Haus genannt wird,hat einen eigenen Willen: Es kommuniziert mit dem Bewohnern, in dem es Botschaften im Staub oder verschüttetem Zucker erscheinen lässt oder als Rauchwölkchen aus dem Schornstein pufft. Bei guter Laune sind die Vorhänge rosa, aus dem Wasserhahn kommt Bananenmilch und alles ist blitzeblank. Ist "Seine Herrlichkeit" jedoch schlecht gelaunt, läuft Essig aus dem Wasserhahn, die Vorhänge sind mausgrau und der Staub wirbelt durch das ganze Haus. Und als das Haus 'hört', dass in dem Märchen "Dornröschen" Fahnen auf dem Hausdach wehen, verlangt "Seine Herrlichkeit" ebenfalls nach einer Fahne: der Unterhose eines echten Prinzen!

Ein turbulentes Abenteuer beginnt, das Sunny in den Buckingham Palace führt – mitten in die Hochzeitsgesellschaft der Hochzeit von Prinz William und Kate…

Kritik

Sunny Valentine: Von Tropenvögeln und königlichen Unterhosen von Irmgard Kramer ist der erste Band einer Reihe um Sunny Valentine und 'ihr' Haus "Seine Herrlichkeit". Mehrere Aspekte sind es, die das Buch zu einem kurzweiligen Lesevergnügen machen. Zum einen ist es die Tatsache, dass Sunny die ganze Geschichte quasi als Brief an Prinz William schreibt und sich entschuldigt für das Chaos im Buckingham Palace – und für die gestohlene Unterhose. Den Briefduktus hält Kramer konsequent durch in ihrem Roman, lässt sie doch ihre Protagonistin Sunny immer wieder Prinz William direkt ansprechen und ihm einzelne Aspekte erklären, damit er auch wirklich alle Hintergründe versteht.

Zum anderen sind es die ganzen Albernheiten und Verrücktheiten, die das Buch zu einem Lesevergnügen machen. Ein Haus, das 'lebt', einen eigenen Willen hat und diesen auch zum Ausdruck bringt, ist originell und lässt sich – bei weiter Interpretation – als an kindliche Leser angepasste Form des 'Haunted House' aus Horrorfilm/-buch deuten, ein Haus, das ebenfalls ein Eigenleben besitzt, jedoch den Protagonisten und Akteuren deutlich feindlich gegenübersteht. Demgegenüber erscheint "Seine Herrlichkeit" – mit all seinen Allüren und Eigenheiten – im Kern als gut und zuweilen sogar fürsorglich seinen Bewohnern gegenüber, die ihr Haus wiederum lieben und dessen Wünsche respektieren. Damit ist "Seine Herrlichkeit" der heimliche – charmante! – Protagonist des Romans – inklusive eklatanter Rechtschreibfehler in den Botschaften an die Bewohner, die jeder Leser sofort erkennt!

Des Weiteren wohnen dem Haus magische Qualitäten inne, die über reine Kommunikation hinausgehen: Es fungiert als Schwelle zu anderen Orten. So öffnet es Sunny eine Tür in den Buckingham Palace und lässt Sunny auch später wieder heraus und rettet sie so vor der Security.

Die Handlung, die Sunny Prinz William als autodiegetische Erzählerin retrospektiv erzählt, ist vom ersten Moment an unrealistisch – und gerade das macht das Buch lesenswert. Es versucht gar nicht erst, realistisch zu sein, sondern setzt unterhaltsam den turbulenten Alltag, kombiniert mit phantastischen und Abenteuerelementen in Szene. Und mittendrin die Protagonisten, die genauso verdreht sind, wie die Geschichte selbst. Sunny und ihr Bruder Flip wirken oftmals erwachsener als die Erwachsenen, respektive als ihr Vater, dem sie öfter zureden müssen, um ihm seine Angst vor unbekannten Situationen zu nehmen – ein Verhalten, das normalerweise umgekehrt sein sollte. Zudem 'fehlt' in dieser familiären Konstellation physisch die Mutter, die seit ein paar Jahren in der Wüste lebt, was vor allem Sunny manchmal traurig stimmt:

Sie reiste dorthin, weil sie sich selbst verloren hatte. Eigentlich wollte sie sich in der Wüste nur schnell selbst wiederfinden und dann gleich zurückkommen. Aber sie hat sich in die Wüste verliebt. Inzwischen hilft sie anderen Menschen, sich wiederzufinden. Meine Mama reitet mit Kamelen hin und her, verbringt die eiskalten Wüstennächte unter dem Sternenhimmel und nimmt den Verlorenen die Angst, wenn sie sich plötzlich klein wie Ameisen fühlen. Sie passt auf, dass sich niemand verirrt und dass niemand von einem Skorpion oder einer Klapperschlange angegriffen wird. Immer wenn meine Mama in eine Oase kommt oder in eine größere Stadt, schickt sie uns Karten und Briefe. Sie schreibt uns, dass sie uns ganz fest lieb hat. […] Ich freue mich über ihre Karten […], aber manchmal möchte ich gar keine Karte von ihr haben. Weil dann denkt man immer, dass einem etwas fehlt und eigentlich fehlt uns doch gar nichts. Aber dann brennt es immer in meiner Kehle und ich fühle mich, als ob ich weinen müsste. (S. 75/76)

Ergänzt wird die Familie schließlich im Laufe der Geschichte durch den Jungen Amir, der Sunny im Buckingham Palace hilft und schließlich mit Sunny zurück in "Seine Herrlichkeit" kommt und fortan bei ihnen leben wird – und dort herzlich willkommen ist. Damit setzt der Roman gleichzeitig bei aller Komik und Unterhaltung auch ein Zeichen, rückt er doch vorbehaltlose Integration in den Fokus – und zeigt, dass sie selbstverständlich ist und ohne viel Aufheben funktionieren kann.

Fazit

Unterhaltsam, abenteuerlich, lustig, fantastisch, mitreißend, kurzweilig: "Seine Herrlichkeit" ist und bleibt der eigentliche Protagonist in Irmgard Kramers Roman für Leser ab 9 Jahren, die sich hoffentlich bestens unterhalten lassen von den eigentümlichen Wünschen des Hauses, das es letztlich doch gut mit den Bewohnern meint – und dafür ebenso geliebt wird.

Titel: Sunny Valentine, Bd. 1: Von Tropenvögeln und königlichen Unterhosen
Autor/-in:
  • Name: Kramer, Irmgard
Illustrator/-in:
  • Name: Nina Dulleck
Erscheinungsort: Bindlach
Erscheinungsjahr: 2015
Verlag: Loewe Verlag
ISBN-13: 978-3-7855-7888-9
Seitenzahl: 176
Preis: 10,95 €
Altersempfehlung Redaktion: 9 Jahre
Kramer, Irmgard: Sunny Valentine, Bd. 1: Von Tropenvögeln und königlichen Unterhosen