In literarischen Texten, so Robert Stockhammer, "ist sehr häufig mehr als ein Idiom im Spiel" (Stockhammer 2015: 147), wobei mehrsprachige Texte eher der Regel entsprechen, während Monolingualität die Ausnahme darstellt. Diese Feststellung gilt nicht nur für Texte der postkolonialen oder der (post)migrantischen Literatur, sondern auch und vor allem für "ältere Texte, die einige kanonische Geltung besitzen" (ebd.).

Somit verkörpert literarische Mehrsprachigkeit keineswegs ein marginales Phänomen der Literatur, wohl jedoch ein marginalisiertes, eine Terra incognita, der innerhalb einer nationalphilologisch kartografierten Literatur wie der deutschen die Aura des Unreinen und des Nicht-Zuordenbaren anhaftete (Kilchmann 2012: 14); und dies – zieht man den nationalphilologischen Diskurs mit seinem Drang zur Herstellung eindeutiger Zugehörigkeitsverhältnisse in Betracht – nicht unbegründet, denn die "heterolingualen Einschübe […] bilden […] einen Ort, an dem sich die 'deutsche' Literatur immer schon fortschreibt von einer identitären Festlegung auf Nation oder Einsprachigkeit" (Ette 2005: 181; zit. n. Kilchmann 2012: 13). Mit literarischer Mehrsprachigkeit gehen zudem neue, andere sprachlich-ästhetische Formen einher, die sich u.a. in Hybridisierungen, Grenzüberschreitungen, Neologismen und Neuformierungen manifestieren und dabei ästhetische Zwischenräume sowie erweiterte Möglichkeiten der Deutung und Interpretation eröffnen.

Vor dem Hintergrund vorangehender Überlegungen setzt sich die Tagung mit literarischer Mehrsprachigkeit und ihrer Didaktik auseinander. Im Fokus stehen Ästhetiken, Entwicklungen, Formen und Funktionen literarischer Mehrsprachigkeit und deren Didaktisierung aus einer Perspektive heraus, die die Relevanz literarischer Mehrsprachigkeit als genuin literarischer Größe und somit für die Entwicklung literarischer Kompetenz bedeutsam in den Blick nimmt.

Eine Anmeldung ist bis zum 29.05.2022 unter https://tagung-mehrsprachigkeit.zentrum-migs.de/ möglich. Weitere Informationen entnehmen Sie bitte der Tagungswebseite.

[Quelle: Pressemitteilung]