Programm im Wintersemester 2024/25

Montag, 04.11.2024, 18 Uhr

Wissenschaftlicher Vortrag: Spielend erzählen? Zum Spannungsverhältnis von Interaktivität und Nonlinearität in narrativ komplexen Computerspielen – Prof. Dr. Jan-Noël Thon

Die digitale Medien- und Erzählform des Computerspiels hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten nicht nur umfassende medienwissenschaftliche und medienpädagogische Aufmerksamkeit erfahren, sondern ist zunehmend auch in den Fokus der Deutschdidaktik gerückt. Entsprechend kann es inzwischen als Konsens gelten, dass insbesondere narrative Computerspiele sich auch und gerade zur Vermittlung etwa literarischer Kompetenzen im Deutsch- bzw. im Literaturunterricht eignen, wobei hier regelmäßig insbesondere die Nähe des Computerspiels zur Lebenswelt der Schüler*innen hervorgehoben wird. Zugleich birgt die Medienspezifik der digitalen Erzählform des Computerspiels aber auch eine Reihe von Herausforderungen für den Einsatz im Deutschunterricht, die der Vortrag insbesondere mit Blick auf das Spannungsverhältnis von ‚Interaktivität‘ und ‚Nonlinearität‘ anhand ausgewählter rezenter Beispiele narrativ komplexer Computerspiele thematisieren möchte. Während sich ‚Interaktivität‘ als obligatorisches Merkmal digitaler Erzählformen aus dem basalen ‚Feedback Loop‘ (Eingabe/Ausgabe) zwischen Nutzer*in und Computer ergibt, lässt sich ‚Nonlinearität‘ als optionales Merkmal digitaler Erzählformen im Sinne des Vorliegens einer nonlinearen narrativen Struktur verstehen, deren Aktualisierung die Nutzer*innen substantiell beeinflussen können. Gerade narrativ komplexe Computerspiele verbinden das interaktive Spielgeschehen dabei häufig mit nonlinearen narrativen Strukturen, die vielfältige Möglichkeiten für die Reflexion der Kulturtechnik des Erzählens unter digitalen Bedingungen bieten.

Jan-Noël Thon ist Professor für Medienwissenschaft und Mediendidaktik an der Universität Osnabrück, Deutschland. Zuvor war er u.a. Assistant Professor of Media Studies and Digital Media Culture an der University of Nottingham, Großbritannien, Professorial Fellow an der University for the Creative Arts in Farnham, Großbritannien, Gastprofessor für Medienwissenschaft an der Universität zu Köln, Deutschland, sowie Professor für Medienwissenschaft an der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens in Trondheim, Norwegen. Seine Forschungsschwerpunkte liegen auf der Ästhetik, Narrativität und Postdigitalität gegenwärtiger Medienformen und Medienkulturen sowie auf den interdisziplinären Forschungsfeldern der Film- und Fernsehwissenschaft und der Comic-, Computerspiel- und Transmedialitätsforschung.


Montag, 13.01.2025, 18 Uhr

Ateliergespräch: Lesen. Gucken. Lauschen. Die Kunst des visuellen Erzählens für Kinder im Digitalen – Thorsten Höge


 

Wer sich mit Bilderbüchern, mit Comics oder auch mit Filmen oder Computerspielen für Kinder und Jugendliche auseinandersetzt, kennt die Faszination von visuell erzählenden Medien. Diese Faszination liegt u. a. in der spezifischen Kombination aus Zeit und Raum begründet, wie Lessing in seiner Laokoon-Schrift aufzeigt, denn: Bilder erscheinen den Betrachter:innen als gleichzeitig wahrnehmbar und somit als räumlich organisiert, wohingegen Sprache, Text, Literatur in der Regel zeitlich organisiert sind. Aus diesen medialen Spannungen heraus können alte (zeichnerische und erzählerische) Traditionen aktualisiert werden, um neue Ausdrucksmöglichkeiten und Bedeutungspotentiale zu generieren.

An drei Abenden pro Semester wird sich das Kolloquium mit den erzählerischen Möglichkeiten ausgewählter Medien multiperspektivisch und interdisziplinär jeweils in einem Atelier-Gespräch mit Künstler:innen, in einem Werkstatt-Gespräch mit den Studierenden sowie in einem wissenschaftlichen Vortrag mit Forscher:innen beschäftigen. Das Ziel des Kolloquiums ist Forschendes Lernen, also gleichwohl die Auseinandersetzung mit den medialen Gegenständen zu suchen und an ihnen elementare und spezifische Methoden der Medienanalyse und -produktion kennenzulernen. So erhalten die Studierenden Einblicke in aktuelle geisteswissenschaftliche Forschung, sie lernen Methoden und Werke kennen und diese unter Anleitung einzuschätzen und zu analysieren.

Die drei Termine, zu denen das Kolloquium stattfindet, liegen jeweils montags von 18 bis 20 Uhr. Das Kolloquium findet digital via Zoom statt. Die entsprechenden Termine werden zu Semesteranfang hier auf der Homepage bekanntgegeben. Zugang zu Zoom erhalten Sie per eMail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

Organisiert wird das Kolloquium von Prof.'in Dr.'in Maren Conrad (Universität Köln) und Prof. Dr. Tobias Kurwinkel (Universität Hamburg).

 

Vergangenes

Programm im Wintersemester 2023/24

Donnerstag, 09.11.2023, 18 Uhr

Ateliergespräch: Kami und Mika (Feldmann/Klinge)

Autorin Regina Feldmann und Illustratorin Ayşe Klinge berichten in unserem Ateliergespräch von der Entstehung von Kami und Mika, ihrem Ende März 2023 bei Fischer Sauerländer erschienenen Abenteuerbuch, in dem ein Geschwisterpaar in die phantastische Welt der Wolkenhainis eintaucht. Regina Feldmann nimmt uns mit auf dem Weg von den ersten Ideen und Skizzen über die Verlagssuche und den ständigen Schreibprozess bis zur Kooperation bei Lektorat und Visualisierung – und Ayşe Klinge gibt Einblicke in die frühen Entwürfe und wichtige Entwicklungsschritte der Illustrationen. Und vielleicht bekommen wir auch einen Ausblick auf Band 2, der für März 2024 angekündigt ist?

Regina Feldmann, Ayşe Klinge auf Instagram
Kami und Mika auf den Seiten der Fischerverlage


Donnerstag, 30.11.2023, 18 Uhr

Werkstattgespräch

Das Werkstattgespräch ist studentischen Arbeiten und Projekten gewidmet: Entsprechend präsentiert Prof. Dr. Maren Conrad gemeinsam mit drei Studierenden der Universität zu Köln eine Pilotstudie der im Entstehen begriffenen Forschungsstelle für Inklusion und Diversität in der Kinderliteratur (FI*NK). Die Studie widmet sich einer empirischen Erhebung von Diversität in der deutschen Kinderliteratur; das Textkorpus besteht aus Bilderbüchern aus dem Jahr 2022, die für a) den Friedenspreis b) die besten 7 und c) den katholischen Jugendbuchpreis vorgeschlagen und/oder mit dem Jugendliteraturpreis ausgezeichnet wurden. Während die Zählung von Figuren mit Diversitätsmarkern in etwas mehr als 200 Bilderbüchern aktuell durchgeführt wird, wird die Datenerhebung von drei Masterarbeiten flankiert: Bengi Gümüs widmet sich dem Schwerpunkt Race und Religion, Leonie Knörzer dem Schwerpunkt Gender/ Sex/ LGBTQIA*/ Queerness und Linda Kalinke dem Schwerpunkt Inklusion/ Behinderung/ Krankheit/ Körpervielfalt. Die Kurzpräsentation gibt einen Einblick in den aktuellen Stand der Studie und der laufenden MA-Arbeiten.

Alina Lutze und Lea Zindel, Studentinnen der Universität Duisburg-Essen, stellen ihre Masterarbeiten vor, in denen es zum einen um das kulturökologische Potenzial von entsprechenden Bilderbüchern im Literaturunterricht, zum anderen um eine Diskursanalyse zur historischen Entwicklung des Motivs der Nacht am Beispiel ausgewählter Bilderbücher geht.


Donnerstag, 18.01.2023, 18 Uhr

Wissenschaftlicher Vortrag: Visuell-taktiles Erzählen an der Schnittstelle von Comic und Kinderbuch – Dr. Nina Eckhoff-Heindl

Das beständige Spiel mit Formen, Konventionen und Materialitäten der Trägermedien zeichnet die Comics von Chris Ware bereits mit Beginn seiner Comicreihe Acme Novelty Library in den 1990er Jahren aus. Mit Building Stories (2012) treibt Ware dieses Spiel auf die Spitze: In 14 unterschiedlichen Publikationsformaten (u.a. Zeitung, Leporello, Hardcover, ‚Kinderbuch‘, Magazin, Spielbrett) werden die Geschichten von fünf Bewohner*innen eines Chicagoer Mietshauses erzählt. Durch die Wahl der unterschiedlichen Trägermedien greift Ware die historische Entwicklung des Mediums Comic auf – so verweisen etwa die Zeitungs- und Magazinformate auf die frühen Publikations- und Distributionszusammenhänge von comic strips. Zusätzlich kontrastieren das in Leinen gebundene Hardcover sowie das an Eigenschaften eines Kinderbuches angelehnte Format mit dicken Pappdeckeln die widerstreitende Positionierung des Comics entweder als triviale Unterhaltungslektüre oder als ernstzunehmendes, hochkulturelles Werk.
Bei den Bestandteilen von Building Stories trägt die spezifische Materialität des jeweiligen Formates zur Bedeutungsgenerierung innerhalb der Erzählungen bei und wird im Vortrag exemplarisch am ‚Kinderbuch‘-Format vor Augen gestellt: Die dicken Pappseiten des Einbandes und die Besitzfelder zur Personalisierung erzeugen die Erwartung einer reich bebilderten Kindergeschichte; die lesend Betrachtenden werden im Inneren aber mit comicspezifischen Panelarrangements und dem unaufgeregten Tagesablauf in einem Mietshaus konfrontiert. Es wird gezeigt, wie Ware durch die Verschmelzung von Kinderbuch- und Comic-Materialitäten die Reflexion von Darstellungskonventionen sowie kulturell geprägten Erwartungshorizonten im Spannungsfeld von Marginalisierung und Nobilitierung, Nostalgie und Wegwerfkultur anstößt und diese visuell-taktil erfahrbaren Erkenntnisse wiederum für die Erzählung fruchtbar macht.

Dr. Nina Eckhoff-Heindl studierte Kunstgeschichte und Philosophie an der Ruhr-Universität Bochum. 2021 schloss sie ihre Cotutelle-Promotion an den Universitäten Köln und Zürich mit summa cum laude ab. 2022 wurde ihre Dissertationsschrift Comics begreifen. Ästhetische Erfahrung durch visuell-taktiles Erzählen in Chris Wares Building Stories mit dem Roland-Faelske-Preis für Comic- und Animationsforschung ausgezeichnet. Aktuell arbeitet sie in dem Projekt Comicforschung.NRW am Institut für Medienkultur und Theater der Universität zu Köln.