Biographie

John Ronald Reuel Tolkien wurde am 3. Januar 1892 in Bloemfontein (Oranje–Freistaat, heute Republik Südafrika) geboren und starb am 2. September 1973 in Bournemouth (England).

Tolkien war ein Sohn des Bankangestellten Arthur Reuel Tolkien. Seinen Vater verlor er bereits im Kindesalter 1896. Tolkiens Mutter Mabel verstarb im Jahre 1904. In seiner Kindheit, die er anfangs im heutigen Südafrika verbrachte, hinterließ ein Tarantelbiss große Wirkung auf ihn. Dieser Tarantelbiss wird als Ursache dafür angesehen, dass in seinen Werken häufig Riesenspinnen auftreten. Nach dem Tod seines Vaters zog die Familie nach Sarehole Mill, einem Vorort von Birmingham. Das Leben in Sarehole Mill war geprägt von einer bekannten Idylle, die zur späteren Vorlage für das Auenland werden sollte. Schon früh zeigte sich, dass sich Tolkien für Sprachen interessierte. Durch seine Mutter bekam er Grundzüge des Lateinischen, Französischen und Deutschen beigebracht.

Nach dem Tod seiner Mutter kam Tolkien in die Obhut von Pater Francis Morgan, der ihn zunächst bei seiner Tante unterbrachte. In der Schule kam er nun mit dem Altenglischen in Kontakt und las altenglische Literatur, zum Beispiel  Beowulf. Er entwickelte Interessen für das Griechische, Gotische und für das erwähnte Altenglische. 1910 erhielt Tolkien ein Stipendium für das Exeter College in Oxford. In der Zeit zwischen Schulende und Studienbeginn (1911) unternahm Tolkien eine Reise in die Schweiz, wo er durch eine Postkarte von Josef Madlener – Der Berggeist –, für seine spätere Mythenfigur Gandalf inspiriert wurde. Des Weiteren prägte ihn die Schweizer Berglandschaft, die wohl die reale Vorlage für das spätere Bruchtal, aber auch für die Nebelberge werden sollte.

1911 begann er sein Studium der "Classics", also der klassischen Sprachen wie Latein und Griechisch und ihrer Literatur in Oxford. Dort machte er auch seine ersten Erfahrungen mit der finnischen Sprache. Aufbauend auf dieser Sprache entwickelte er die Elbensprache "Quenya", die später in seine Mythologie mit einfließen sollte. Sein Studium schloss er bereits nach zwei Jahre (1913) ab. Er wechselte nun an das Institut für englische Sprache und Literatur. Dieses Studium schloss er 1915 mit der Auszeichnung "First Class Honours" ab.

In der Zeit des ersten Weltkrieges nahm Tolkien an der Schlacht an der Somme teil. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich jedoch, sodass er zurück nach England kam. 1918 erhielt er eine Anstellung in Oxford beim New English Dictionary, einem englischen  Wörterbuch, das mit dem Grimmschen Wörterbuch vergleichbar ist. 1920 bekam er allerdings eine Professorenstelle in Leeds. Dort war Tolkien für die Organisation des Studienplans des Alt– und Mittelenglischens verantwortlich, außerdem zeichnete er sich besonders durch die Neuedition des mittelenglischen Gedichtes Sir Gawain and the Green Knight aus, welches große Resonanz in der mittelenglischen Philologie fand. Aufgrund dieses Verdienstes erhielt er die Professur für englische Sprache im Jahre 1924. Bereits ein Jahr später erhielt er den Lehrstuhlposten für Angelsächsisch in Oxford. Dort blieb er bis zu seiner Emeritierung 1959. Seine ersten Gedichte aus dieser Zeit erhielten Kreaturen, wie sie später in Mittelerde wiederkehren sollten. So beispielsweise im Gedicht Glib, wo Tolkien ein schleimiges Wesen mit schwach leuchtenden Augen, das in einer Höhle lebt, vorkommen lässt. Diese Figur kann als Vorläufer Gollums angesehen werden.

Anfang der 30er Jahre begann Tolkien mit der Niederschrift seines Hobbits, der 1937 veröffentlicht wurde. Durch den zweiten Weltkrieg aber auch durch universitäre Aufgaben zog sich sein Nachfolgeprojekt (Der Herr der Ringe) weiter hin. 1945 wurde Tolkien Professor für Anglistik in Oxford. 1954 wurde schließlich The Lord of the Rings herausgegeben. Dieses Werk wurde jedoch aufgrund des gewaltigen Papierpreises nach dem Krieg in drei Bänden abgedruckt, damit jeder Band zu einem erschwinglichen Preis erhältlich sein konnte. Ab 1964 wurden auch die U.S. Amerikaner auf Tolkien aufmerksam. Donald Wollheim, führender Taschenbuchverleger in den U.S.A., wollte sein Werk gerne im Taschenbuchformat auf den Markt bringen, was Tolkien ablehnte. Wollheim ärgert sich darüber und suchte nach einer Gesetzeslücke der Taschenbuchrechte, die zu dieser Zeit nicht eindeutig formuliert waren. Er schaffte dies auch, und so verbreitete sich der Raubdruck in den Vereinigten Staaten.

Kurz vor seinem Tod wurde Tolkien 1972 von Elisabeth II. zum Commander ausgezeichnet. Er durfte fortan die Abkürzung CBE (Commander of the British Empire) im Namen tragen, welches jedoch kein Ritter- oder Adelstitel war. Tolkien starb 1973 während seines Urlaubs in Bournemouth.

Tolkien gilt in der Forschung als Begründer der modernen Fantasy-Literatur. So bezeichnet ihn Raymond Feist als "Großvater der Fantasy" (Feist 2004, S. 29). Diese Nachwirkung erreichte er durch die Erschaffung einer eigenen Mythologie, dem sogenannten Silmarillion, das auf eigens konstruierten Sprachen beruht. Das Silmarillion stellt die Vorgeschichte zu seinen beiden großen Romanen Der kleine Hobbit und Der Herr der Ringe dar.

Werk

Tolkiens erster veröffentlichter Roman war The Hobbit or There and Back Again, der 1937 in England und 1957 unter dem Titel Der kleine Hobbit in Deutschland erschien.  Es folgten The Lord of the Rings in drei Bänden (The Fellowship of the Ring, The Two Towers, The Return of the King) 1954-55 in England bzw. Der Herr der Ringe (Die Gefährten, Die zwei Türme, Die Wiederkehr des Königs) 1969/70 in Deutschland.

Durch Tolkiens Sohn wurde postum Das Silmarillion veröffentlicht, eine Sammlung unvollendeter Werke, die jedoch durch Tolkiens Sohn überarbeitet wurden. 1977 bzw. 1978 erschien dieses Werk auch auf Deutsch. Außerdem wurde 1980 Unfinished Tales of Númenor and Middle–earth bzw. 1983 die deutsche Fassung Nachrichten aus Mittelerde herausgegeben. The History of Middle-earth, eine Darstellung der Entwicklung der Welt Tolkiens von den frühesten Entwürfen bis nach der Niederschrift des Herrn der Ringe, erschien 1983–1996 in zwölf Bänden als: The Book of Lost Tales – Part I (1983, deutsche Übersetzung unter dem Titel Das Buch der verschollenen Geschichten), The Book of Lost Tales – Part II (1984, deutsche Übersetzung unter dem Titel Das Buch der verschollenen Geschichten – Teil 2), The Lays of Beleriand (1985), The Shaping of Middle–earth (1986), The Lost Road and Other Writings (1987), The Return of the Shadow (1988), The Treason of Isengard (1989), The War of the Ring (1990), Sauron Defeated (1992), Morgoth's Ring (1993), The War of the Jewels (1994) und The Peoples of Middle–earth (1996). Im Jahr 2007 erschien The Children of Húrin bzw. Die Kinder Húrins.

Mehrere Werke Tolkiens wurden zur Grundlage für Verfilmungen: Der Herr der Ringe wurde in drei Teilen von Peter Jackson 2001 – 2003 für den Film adaptiert; The Hunt for Gollum und Born of Hope, beide erscheinen 2009, sind Fanprojekte. Der kleine Hobbit wird, ebenfalls von Peter Jackson, in drei Teilen verfilmt - der erste Teil Der Hobbit - eine unerwartete Reise kam 2012 in die Kinos. Der zweite Teil Der Hobbit - Smaugs Einöde lief Dezember 2013 an und der dritte Teil (Der Hobbit - Die Schlacht der fünf Heere) feierte 2014 seine Premiere.

Wissenschaftliche Rezeption

Gerade Der Herr der Ringe gilt in der Forschung als Prototyp des modernen Fantasy-Romans. Charlotte Kerner charakterisiert dieses Genre folgendermaßen: "Literarische Figuren sind Drachen, Zwerge, Elfen, sie existieren 'in einer anderen Welt (als der unsrigen), und in dieser Welt muss es Magie geben'" (Kerner 2010, S. 9). Marcel Feige stellt fest: "Durch ihn [Tolkien], kommt die Fantasy[-Literatur] überhaupt erst in Mode und entwickelt sich zu einem eigenen Genre." (Feige 2003).

Tolkiens Mythologie ist ein Nebenprodukt seiner Begeisterung für Sprachen gewesen. Seine Anfänge machte er mit dem Gotischen. Tolkien füllte überlieferte Lücken der Sprache eigenständig auf. Zudem entwickelte er später auf der Basis des Finnischen und Walisischen die Elbensprachen Quenya bzw. Sindarin. Diese waren für seine Mythologie von großer Bedeutung.

Allegorische Bezüge in seinen Werken schloss Tolkien kategorisch aus – "Das Buch ist weder allegorisch noch aktuell. Ich habe eine Abneigung gegen Allegorien in all ihren Erscheinungen, und zwar, seit ich alt genug war, um ihr Vorhandensein zu entdecken" schreibt Tolkien in seinem Vorwort zu Der Herr der Ringe – Die Gefährten. Seine Werke verzeichnen zahlreiche Anleihen aus altnordischen Quellen, Mythen und Sagen, beispielsweise aus Cad Goddeu, einem walisischen Gedicht, Kalevala aus der finnischen Mythologie, Beowulf, einem epischen Heldengedicht in angelsächsischer Sprache, und der altisländischen Edda. Auch religiöse Motive finden in seinen Werken Einzug, beispielsweise die Übertragung des David-Goliath-Stoffes in dem Zusammentreffen von Frodo und dem Zauberer Sauron.

Literaturverzeichnis

  • Atherton, Mark: There and back again. J.R.R. Tolkien and the origins of the Hobbit. London: Tauris, 2012.
  • Bassham, Gregory und Bronson, Eric: Die Philosophie bei „Der Hobbit“. Mit Bilbo, Gandalf und Thorin auf abenteuerlicher Suche. Weinheim: Wiley, 2013.
  • Bidlo, Oliver: Zwischen den Spiegeln. Neue Perspektiven auf die Phantastik. Essen: Oldib Verlag, 2011.
  • Bidlo, Oliver B.: Mythos Mittelerde. Über Hobbits, Helden und Geschichte in Tolkiens Welt. Essen: Oldib Verlag, 2012.
  • Cawthorne, Nigel: A brief guide to J.R.R. Tolkien. An unauthorized guide to the author of The Hobbit and The Lord of the rings. London: Robinson, 2012.
  • Feist, Raymond E.: Unser aller Großvater - Reflexionen über J. R. R. Tolkien. In: Tolkiens Zauber. Von Hobbits, Zwergen und Magiern. Hrsg. von Karen Haber. München: Piper, 2004.
  • Geier, Fabian: J. R. R. Tolkien. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2009.
  • Hunt, Peter: Children's literature. Oxford: Blackwell Publishers, 2001.
  • Kerner, Charlotte: Die Fantastischen 6. Die Lebensgeschichten von Stephen King, Philip K. Dick, Stanislaw Lem, J. R. R. Tolkien, Bram Stoker, Mary Shelley. Weinheim: Beltz, 2010.
  • Kinderliterarische Mythen-Translation. Zur Konstruktion phantastischer Welten bei Tove Jansson, C.S. Lewis und J.R.R. Tolkien. Hrsg. von Gunda Mairbäurl. Wien: Praesens, 2013.
  • Kulik, Nils: Das Gute und das Böse in der phantastischen Kinder- und Jugendliteratur. Eine Untersuchung bezogen auf Werke von Joanne K. Rowling, J.R.R. Tolkien, Michael Ende, Astrid Lindgren, Wolfgang und Heike Hohlbein, Otfried Preußler und Frederik Hetmann. Frankfurt am Main: Peter Lang, 2005.
  • Kullmann, Thomas: Englische Kinder- und Jugendliteratur. Eine Einführung. Berlin: Erich Schmidt Verlag, 2008.
  • Roberts, Adam: The riddles of the hobbit. Basingstoke: Palgrave Macmillan, 2013.
  • Simpson, Paul und Robb, Brian J.: Middle-earth envisioned. The hobbit and The lord of the rings: on screen, on stage and beyond. New York: Race Point Publishing, 2013.
  • The Cambridge Companion to Fantasy Literature. Hrsg. von Edward James und Farah Mendlesohn. Cambridge: Cambridge University Press, 2012.
  • Tolkien's influence on fantasy. Tolkiens Einfluss auf die moderne Fantasy. Interdisziplinäres Seminar der DTG 27.-29. April 2012, Jena. Hrsg. von Thomas Fornet-Ponse. Düsseldorf: Scriptorium Oxoniae, 2012; Weinreich, Frank: Fantasy. Einführung. Essen: Oldib, 2007.

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