Inhaltsverzeichnis

1 Mini-Forschungsstand zwischen populärer und wissenschaftlicher Rezeption

2 Kapitelübersicht

3 Inhalt/Handlung(sschemata)

4 Historische Lurch-Genese

5 Comictheorie und -praxis

6 KJL/KJM

7 Exkurs in die Figurenanalyse

8 Human-Animal Studies

9 Gender Studies

10 Lyrikanalyse

11 Transtextualität 

12 Medienverbund und Merchandise

Zwischen Comic und Bilderbuch (vgl. Comictheorie und -praxis), Sozialkritik und Popkultur, Fantastik und Realismus changiert der hier in Rede stehende Lurch der Gattung Salamandra salamandra, der sich seinerseits selbst zwischen schnöder Werbefigur "zur kapitalistischen Indoktrination" (Rüster 2009, S. 163) und (Grundschul-)Lektüre (vgl. ebd., S. 154) höheren literarischen Anspruchs verorten lässt – ganz abgesehen von seinem intermedialen Einfluss auf Asterix-Comics, Bussi Bär, den ZDF-Fernsehgarten oder Stromberg (vgl. Transtextualität).

Zwar sind Lurchis Abenteuer insofern nicht per se innovativ, als es in den 1930er-Jahren durchaus "zum Standardrepertoire" (Granacher 2004e) gehört hat, zu Werbezwecken gereimte Bildergeschichten als Giveaways anzubieten. Aber insbesondere die in den 1950er-Jahren erschienenen Lurchi-Hefte, welche – in der populären wie der wissenschaftlichen Rezeption – der "klassischen Periode'" (Granacher 2005b) bzw. dem "goldene[n] Zeitalter" (Rüster 2009, S. 151) von Zeichner Heinz Schubel und Texter Erwin Kühlewein zugeschlagen werden, bieten sowohl auf Darstellungs- als auch auf Handlungsebene formal-ästhetisch wie lyrisch Innovationspotenzial auf gehobenem Niveau: Von "heftübergreifende[n] Minizyklen" (ebd., S. 153) über "Mehrfachadressiertheit avant la lettre" (ebd., S. 154; Herv. i. O.) etwa in Form von transtextuellen Verweisspielen (vgl. Transtextualität) bis zu für die Zielgruppe ambitioniert zu nennenden Actionsequenzen (vgl. KJL/KJM) sind die Handlungsstränge (vgl. Inhalt/Handlung[sschemata]) gespickt mit wissenschaftlich untersuchungswürdigen Details. Dieser Tatsachen und des immensen Bekanntheitsgrades[3] des tirolerhuttragenden Lurchs ungeachtet, besteht hinsichtlich einer dezidiert literatur- und kulturwissenschaftlichen Betrachtung des Forschungsfeldes Nachholbedarf.

1 Mini-Forschungsstand zwischen populärer und wissenschaftlicher Rezeption

Nachdem 1983 Dietmar Böhm (vgl. ders. 1983) im dritten Jahrgang des Comic Stern, einem Magazin für Comic-Sammler, erstmals 'publizierte Aufmerksamkeit' auf Lurchi gelenkt hat, folgen in den kommenden 35 Jahren immer wieder mehr oder minder (populär-)wissenschaftliche Annäherungen. Einen ersten Höhepunkt der Lurchi-Forschung bildet der Ausstellungskatalog der Stadt Kornwestheim von 1994, welcher unter dem Titel Lurchi – Dem Feuersalamander auf der Spur eine erste ernsthafte Auseinandersetzung bietet. Zwar handelt es sich eher um 'weiche' wissenschaftliche Kriterien, aber Beiträgerauswahl qua Expertise ("sieben Wissenschaftler, ein Journalist, ein Sammler" [Lurchi 1994, S. 3]), Multiperspektivität und mithin die relative Gültigkeit von 'Wahrheiten', indem man verschiedene Darstellungen der Lurch-Genese in einem Band versammelt, lassen diesen Ausstellungskatalog tatsächlich Züge eines ersten wissenschaftlichen Sammelbandes annehmen. Allerdings sind viele spätere Erkenntnisse noch nicht 'erforscht'. So gehen sowohl Matthias Brendel als auch René Granacher noch davon aus, dass Schubel Heft 8 (und weitere) gezeichnet und getextet habe, obwohl es, wie man heute weiß, eindeutig in Kühleweins Text-Zeitalter fällt. Mit zwei weiteren Stationen in den späten 1990er-Jahren – Jens Kräubig präformiert das seitdem (auch im vorliegenden Beitrag) gerne aufgegriffene Bild der Wandlungen bzw. Häutungen Lurchis (vgl. ders. 1997); Stefan Semel zeichnet inhaltlich wie ästhetisch die Lurchi-Heft-Historie nach (vgl. ders. 1998) – dauert es bis in die Nullerjahre des neuen Jahrtausends, ehe sich eine flächendeckende Beschäftigung etabliert.

Neuere und neueste Artikel, wie bspw. von Johannes Rüster 2009, können dementsprechend bereits auf gute Vorarbeiten zurückgreifen und heben die wissenschaftliche Betrachtung zudem auf eine höhere Stufe: Wo ehedem lediglich Zuneigung zum Forschungsgegenstand (oder etwa Abneigung gegen Neuerungen) durch die Textseiten geschimmert haben, gelingt es Rüster, trotz einer durch seinen "Nostalgiefilter" (Rüster 2009, S. 148) bedingten nicht zu leugnenden Sentimentalität, diachrone Aspekte zu objektivieren, ästhetische, inhaltliche und massenmediale Gesichtspunkte sinnvoll zu verknüpfen und um zusätzliche Aspekte zu bereichern.

Schwierigkeiten für die Lurchi-Forschung bestehen erstens darin, dass die populärwissenschaftliche Aufarbeitung, die hauptsächlich in Fanzines (vgl. die Serie in der Sprechblase; Fleischer 2013) und Comic-Jahrbüchern stattfindet, schwer zu beschaffen ist, zweitens die Arbeitsbibliografien (etwa [Lurchi] auf Wikipedia.de) nicht gründlich recherchiert sind, drittens eine strikte Trennung in publizierte und Online- sowie in zitable und – zumindest auf den ersten Blick – weniger zuverlässige Quellen schlecht möglich ist.[4] Wichtige Nachschlagequellen für die Forschung liefern Granachers Internetseite (Granacher 2002 u. 2004b–2009), die herausragenden Impact auf die bisherigen Veröffentlichungen gehabt hat, mittlerweile aber leider nur noch via Archiv-Suche zugänglich ist, sowie die Homepage des aktuellen Lurchi-Zeichners Dietwald Doblies' (Doblies 2010a–t). Auch der Wikipedia-Artikel zu [Lurchi] ist für eine materialreiche Recherche zu empfehlen, wiewohl die dortige Forschungsliteratur wie gesagt überarbeitungsbedürftig ist.

2 Kapitelübersicht

Der vorliegende Beitrag beleuchtet Lurchis Abenteuer im Medienverbund (vgl. Medienverbund und Merchandise) aus Produktions- wie Rezeptionsperspektive und legt dabei ein besonderes Augenmerk auf die Sammelbände, die die Einzelhefte unter dem Titel Lurchis Abenteuer zusammenfassen.[5] Methodisch ist dieser Artikel einer comictheoretischen (Narratologie, Multimodalität etc.) sowie literatur- (Lyrikanalyse, Handlungsschemata, Transtextualität) und kulturwissenschaftlichen Ausrichtung (Human-Animal und Gender Studies) bei gleichzeitiger Berücksichtigung der historischen 'Lurch-Genese' verhaftet.

3 Inhalt/Handlung(sschemata)

Obwohl Lurchi und seine fünf Freunde (Hopps, der Frosch; Piping, der Zwerg; Igel(mann), der Igel; Unkerich, die Unke, sowie der Mäuserich Mäusepiep) im Laufe der Zeit durchaus vielfältige Abenteuer erlebt haben (und noch immer dürfen) und obwohl Zielgruppe, Figurenkonzeption etc. sich dutzendfach entwickelt und abgelöst haben (vgl. Historische Lurch-Genese), lässt sich hinsichtlich der Handlung eine Unterteilung in fünf mehr oder minder unterscheidbare, in jedem Fall aber Kontinuität suggerierende Plotbereiche vornehmen. Diese weisen mitunter Schnittflächen auf: Neben Natur, Märchen, Sport und Technik finden sich Reisen (vgl. Granacher 1994a, S. 127f.).[6] Ohne dabei 'echte' Cliffhanger zu erzeugen, sind Letztere dennoch "oft über mehrere Hefte hinweg zu längeren Erzählsträngen verbunden, die sich bis zu kleinen Weltreisen auswachsen konnten." (Granacher 2005a, S. 86) Aufgrund dieser relativen Länge misst man ihnen sowohl erzähltechnisch als auch handlungsbezogen eine aufwendige Struktur bei und adelt sie als Höhepunkte der Reihe – sowohl von wissenschaftlicher Warte (vgl. etwa ebd.) als auch von Marketingseite aus. Auf der offiziellen Homepage lässt man Lurchi über sich und seine Vita sagen: "Oh wie gerne erinnere ich mich an meine alten Abenteuer, zum Beispiel an meine Reise auf den Mars. Ein kleiner Schritt für einen Lurchi, aber ein großer Sprung für die Tierwelt." (Lurchi online c) Zwar nutzt Granacher das Adverb 'oft', doch im Grundgesamt des Lurchi-Medienverbundes bleiben zusammenhängende Reise- und damit verbundene komplexe Erzählstrukturen eher die Ausnahme.

Vielmehr arbeiten die meisten medialen Umsetzungen mit charakteristischen Signaturen, anhand derer der Leser/Hörer/Betrachter sofort Held und Marke erkennt, auch wenn er nur zweier, chronologisch nicht aufeinanderfolgender Artefakte habhaft ist:

Zu den Wiedererkennungseffekten gehört das Festmahl oder Gelage am Schluß jeder Episode. Noch vor den Comic-Geschichten aus "Asterix und Obelix", die regelmäßig ein großes Wildschwein-Essen beendet, wird der kollektive Verzehr-Ritus im Lurchi-Heft 10 eingeführt. Parallel zu ihm endet der Heft-Text in einem rituellen Hochruf "Salamander lebe hoch!") (Ausnahme: Heft 6). (Granacher 1994a, S. 129)

Doch noch weit darüber hinaus existieren narratologische Besonderheiten mit Wiedererkennungswert: Allen Heften eignet chronologisches, weitgehend auf Ana- und Prolepsen verzichtendes, temporeiches Erzählen (vgl. Doblies 2010f) einer vergleichsweise kurzen Zeitspanne. Alle Hefte verbindet ferner hinsichtlich der Kompositionsstruktur, dass Aktionssequenzen gegenüber Deskriptions-, Dialog- und Reflexionssequenzen klar in der Überzahl sind, es nahezu keine Nebenhandlungsstränge gibt[7] und es sich bezogen auf die Einzelhefte um dramatisch strukturierte, bezogen auf die Sammelbände episodisch organisierte Kompositionen handelt (vgl. Schneider 2010, S. 36f.).

Schaut man etwa strukturalistisch auf die Handlungsebene, so ist der Griff nach der Aktantenfunktionsanalyse eines Vladimir Propp (vgl. ders. 1972) nicht weit: Auch wenn es nur unter Inkaufnahme einer höchst vereinfachenden Darstellung möglich ist, für alle Lurchi-Geschichten in ihren unterschiedlichen medialen Verpackungen eine Handlungsstruktur herauszupräparieren, ist die Nähe zu den von Propp untersuchten russischen Zaubermärchen hinsichtlich der Ereignisfolgen in der Tiefenstruktur frappierend ähnlich. So lassen sich den Figuren ohne weiteres folgende Aktantenfunktionen zuschreiben: Während Lurchi immer der 'Held' ist, "[u]nser gewitzter, einfallsreicher, allen Gefahren gewachsener Hauptdarsteller" (Böhm 1984), sind sowohl seine Gefährten als auch die übrigen auftretenden Figuren stark typisiert.[8] Sie sind mit den Termini 'Gegenspieler' (beinahe alle Hexen, Zauberer, Geister, aber auch gefährliche Tiere etc.), 'Helfer' (insbesondere 'freundliche' Tiere wie Schildkröte, Storch etc.) oder aber 'falscher Held' – "Auf dem Wege hält sie an / ein geriss'ner Scharlatan, / der mit ränkevollem Spiel / Lurchis Tun vereiteln will" (L3, S. 34) – etc. treffend charakterisierbar (vgl. Exkurs in die Figurenanalyse).

Außerdem treten selbst in den 'realistischsten' Geschichten zumindest Aufgaben 'übernatürlicher' Art – analog zu den Zaubermärchen, die Propps Analysebasis gebildet haben – auf den Plan, die Lurchi durch Einsatz seiner regelmäßig unglaubwürdig starken Kräfte (körperlich wie geistig) erfüllt. So gibt Lurchi bspw. dem kindlichen Fan folgende "Botschaft" mit auf den Weg: "Und wenn du immer mutig und mit festem Tritt durchs Leben gehst, schaffst Du die außergewöhnlichsten Dinge." (Lurchi online c) Die "außergewöhnlichsten Dinge" – das sind etwa der 'Kampf gegen das Böse' oder die 'Erfüllung einer auferlegten schwierigen Aufgabe' (vgl. Pflugmacher 2009).

Nach diesem Schema lesen sich auch einige der 31 bei Propp möglichen Handlungselemente mitunter wie der insgeheim zugrunde liegende Plan zumindest derjenigen Lurchi-Episoden, welche in die Märchensparte passen[9] – jedenfalls ab Element 12, wenn der Held zur Mission startet (Kampf, Sieg, Strafe des Feindes, Belohnung etc.). Aufgrund dieser Einschränkung muss konstatiert werden, dass sich als Werkzeug zur Handlungsstrukturanalyse ebenso erfolgreich wie die Märchenmorphologie Propps das Moment der Bewährung in der Aventüre-Tradition bzw. einer Heldenreise anbietet: Aufbruch zum Abenteuer, Bewährungsprobe/Kampf, Sieg, Heimkehr und Belohnung sind dann diejenigen Stationen, die die Episoden formen (vgl. [Heldenreise]). Auch im paratextuellen Vorwort der Esslinger Neuauflage (L7, S. 7) wird darauf hingewiesen, dass trotz der Neugestaltung der Figuren an zwei Handlungsschemata festgehalten und dadurch auch inhaltlich "die Lurchi-Tradition weitergeführt" worden sei: "Zum einen verzaubern die Geschichten durch geheimnisvolle Märchenwelten [siehe Propp!], zum anderen sind es die typischen Reiseabenteuer, die Lurchi und seine Freunde in der großen weiten Welt zu bestehen haben." Märchen einerseits, zu bestehende Abenteuer andererseits – diese Zweigleisigkeit soll die Kontinuität sichern, die faktisch aufgrund vielerlei "Neuerungen, welche die Zeit mit sich bringt" (L8, S. 7), nicht bruchlos gegeben ist.[10] Aber um den Medienverbund als Einheit rezipieren und konsumieren zu können, werden im Marketingsegment allenthalben die Gemeinsamkeiten gegenüber den Unvergleichbarkeiten stark gemacht, was Grund genug ist, entgegen der Verallgemeinerung der Inhalts- und Handlungsstrukturen die Unterschiede in den Schaffensperioden hervorzukehren, die neben der grafischen auch die Inhaltsebene maßgeblich betreffen.

4 Historische Lurch-Genese

Kaum eine (populär-)wissenschaftliche Beschäftigung mit Lurchi hat sich bislang des reizvollen Nachzeichnens der Genese der Lurchi-Hefte und -Bände zu entziehen vermocht. Die 'Lurch-Genese' chronologisch zu gliedern ist dabei bislang unterschiedlich bewerkstelligt worden. Drei Zäsuren zählen zur Communis Opinio: der Zweite Weltkrieg, ein auf eine "Phase der Irritation" in den 1970er-Jahren folgender Einschnitt (Semel 1998, S. 21) und der Relaunch im Jahr 2000. Dass diese weltgeschichtlich vollends inkommensurablen Ereignisse für den Mikrokosmos 'Lurchi' tatsächlich nebeneinander stehen können, sei kurz skizziert.

Lurchi.de (Lurchi online b) macht es sich mittlerweile einfach und beginnt mit der Angabe 1952 für das erste Heft, das nach dortiger Aussage Schubel/Kühlewein gefertigt haben sollen. Das ist allerdings wider besseres Wissen, da das erste Heft mindestens zwei Auflagen erfahren hat, ehe Schubel es aus zweiter Hand von einem unbekannten Zeichner nachgezeichnet hat! (Vgl. Granacher 2004a, S. 84f.) Wie komplex die Entstehungsthematik des Salamanders ist, zeigt ein kurzer Blick auf die Widersprüche und Kontroversen: Weder ist geklärt, ob es vier oder fünf Vorkriegshefte gab (vgl. etwa Böhm 1984, der sich auf ein Schubel-Interview beruft, vs. etwa Granacher 2004e), noch, wer sie gezeichnet hat. Aufgrund einer Zeichnung auf einer der Schulbänke in der Waldschule (Heft 5) weist laut Granacher der "derzeit heißeste Tipp" auf den "Maler Laszlo Pinter" hin (Granacher 2004e; Herv. i. O.) – aber auch nur, wenn man davon ausgeht, dass Heft 5 tatsächlich ein Vorkriegsheft ist.

Jedenfalls gibt es gravierende Unterschiede zwischen den Vor- und den Nachkriegsheften und über die je verwendete Schrift, die Covergestaltung und die geänderte Anzahl der Seiten (vgl. Granacher 2005b) sind bis heute dutzende Seiten mit Nachforschungen und Mutmaßungen gefüllt worden. Unumstößlich folgt auf die allerersten Lurchi-Hefte eine "kriegsbedingte Zwangspause für den Salamanderjungen. Es dauerte über 10 Jahre, bis der Held aus seinem Dornröschenschlaf erwachte." (Ebd.) Glaubt man der gemeinhin in der Forschung akzeptierten Chronologie Rüsters ist zumindest sicher: "Kühlewein und Schubel beginnen 1952 mit Heft 6: Lurchi und Freunde nehmen an einer Feuerwehrübung teil. Schon ab initio zeigt sich der neue Stil. Wo vorher betulich im Walde spaziert wurde, regiert Action: Da rast das Feuerwehrauto über Klippen" (Rüster 2009, S. 151).[11] Das "goldene Zeitalter" hat begonnen und wenn über Lurchi gefachsimpelt und geforscht wird, dann bezieht man sich hauptsächlich auf diese Phase:

Der herausragende Erfolg der Lurchi-Geschichten und das ganz besondere 'Lurchi-Flair' sind in erster Linie dem Autor und damaligen Werbeleiter von Salamander Erwin Kühlewein (1915–1971) sowie dem Bilderbuchkünstler Heinz Schubel (1906–1997) zu verdanken. (L1, S. 7)[12]

Über die folgenden "Intermezzi" (Rüster 2009, S. 156) wird gewöhnlich nur in summa gesprochen:

Die nun folgende Phase der Irritation ist vor allem von vielen Zeichner- und Texterwechseln geprägt, inhaltlich fallen die Geschichten gegenüber den Vorgängern stark ab. Der Esprit und Witz der frühen Jahre geht verloren, man spürt, daß in der Zeit gesellschaftlicher Umbrüche mit ihrem Zwang zur pädagogischen Modernität für eine nun deutlich anachronistisch wirkende Figur wie Lurchi eigentlich kein Platz mehr ist. Das zeigt auch die Tatsache, daß Lurchi erstmals ohne seinen nun als konservativ, ja spießig empfundenen grünen Jägerhut dargestellt wird. Die Hefte 53 bis 67 markieren daher den absoluten Tiefpunkt der Reihe. (Semel 1998, S. 22)

Semel verzichtet gar darauf, überhaupt personenbezogene Aussagen zur 'Krisenzeit' zu tätigen. "Erst mit der Übernahme der Serie durch den Zeichner Peter Krisp und den Texter Olav Sveistrup 1980" (ebd.) erhalte Lurchi wieder Kontur und Stimmigkeit. Mit dieser Ignoranz ist er allerdings in guter Gesellschaft, wie man auch den Vorworten zu den neu aufgelegten Sammelbänden ablesen kann: "Ab Heft 53 wurden dann mehrere Zeichner mit der Illustration der Geschichten beauftragt: [erst ab Vorwort 7 wird hier ergänzt: Brigitte Smith!], Enrique Puelma, Georg und Friedrich Nickel sowie Peter Krisp." (L4, S. 7)[13] Sie alle werden qua Marketingabteilung zu Epigonen Schubels degradiert: "Die Stilrichtungen der neuen Zeichner variierten sehr, auch wenn alle sich an den Schubelschen Vorgaben orientierten." (L4, S. 7) Dass dies insofern unzutreffend ist, als Brigitte Smith, die sowohl Lurchi sozialverträglicher als auch die Episoden sozialkritischer gestaltet hat, sicherlich nicht in die Fußstapfen Schubels getreten ist – geschweige denn: treten wollte! –, sieht man ab dem Vorwort zum siebten neu aufgelegten Band wohl ein. Dort wird nun Dietwald Doblies fokussiert, der sich tatsächlich ab 1995 "bis zur Neugestaltung der Lurchi-Figuren im Jahr 2000 stark an den Arbeiten von Schubel orientierte – mit Erfolg, denn Dietwald Doblies ist heute noch mit seinen künstlerisch herausragenden Illustrationen für Salamander tätig." (L7, S. 7)

Der viel kritisierte Relaunch (vgl. KJL/KJM) hat bei allen sinnfälligen und zumeist negativ rezipierten Auswirkungen (Hauptkritikpunkte: Plattheit in Plot und Sprache, Aussehen, Figurenkonzeption) doch auch positive Folgen gezeitigt: Innovationen! Waren es bis dato entweder getrennte Sphären zwischen Traum-/Zauberwelten und 'Realität' bzw. waren alle Akteure verlässlich in der gleichen befangen, so bricht Doblies mit dieser Tradition, wenn er bspw. im Sonderheft Firma Spuk und Co (L8, S. 149ff.) eine unmarkierte Traumsequenz einmontiert. Diese wird weder grafisch noch textlich als träumerisch-'unzuverlässig' apostrophiert: "Tatsächlich: Aus dem / Koffer kommt ein Besen geflogen / und bremst neben der Hexenmaske." (L8, S. 150) Und doch ist es Igelmanns Traumwelt, die als (fantastische) Geschichte in der (realistischen) Geschichte für Abwechslung sorgt – in einer sonst zugegeben eher einfallslosen Halloween-Episode.

Diese holzschnitthafte Vierteilung in Vor-, goldenes Nachkriegs-, Festigungs- und Post-Relaunch-Zeitalter übersieht freilich die feingliedrigeren Wechsel von Zeichnern und vor allem auch Textern. Zwar gibt es bereits einige wenige tabellarische Versuche, diese Schaffensphasen zu kategorisieren (vgl. Granacher 1994c, S. 142f.; Granacher 2005c), doch die folgende Aufstellung bemüht sich, sowohl Fakten zu Erscheinungsdaten als auch Stilmerkmalen zu integrieren und somit bestehende Vorarbeiten zu synthetisieren:

Abb. 1: Tabellarische 'Lurch-Genese' (eigene Erstellung)Abb. 1: Tabellarische 'Lurch-Genese' (eigene Erstellung)

Diese Rekapitulation der Schaffensphasen ist mitnichten Selbstzweck, sondern elementar, wenn man über Lurchis Abenteuer spricht; denn den Lurchi gibt es schlechterdings nicht:

Wie bei aller kommerziell gesteuerten Fortsetzungsliteratur, ob es sich nun um Zeitungsfortsetzungsromane, Comic-strips oder Groschenhefte handelt, wechseln die Zeichner und Autoren mit den Jahren und geben so dem Publikationsprodukt bei aller Kontinuität eine doch auch diskontinuierliche Geschichte. (Riha 1994, S. 6)

Abb. 2: Zeichenstile im Wandel der Zeit (L1, S. 63; L3, S. 79; L3, S. 129; L3, S. 143; L4, S. 89; L5, S. 51; L6, S. 39; L9, S. 97)Abb. 2: Zeichenstile im Wandel der Zeit (L1, S. 63; L3, S. 79; L3, S. 129; L3, S. 143; L4, S. 89; L5, S. 51; L6, S. 39; L9, S. 97)

Die erwähnten, u.a. durch die wechselnden Zeichner bedingten 'Häutungen' des Feuersalamanders lassen sich präziser fassen, nimmt man den jeweiligen Stil des ausführenden Künstlers oder der Künstlerin genauer in den Blick. Obwohl sich hierzu in der Sekundärliteratur[14] einige umfassende vergleichende Stilbeschreibungen finden lassen, soll im Folgenden zumindest ein kursorischer Überblick geleistet werden.

"Die ersten 52 Hefte, die zwischen 1951 und 1972 erscheinen, sind untrennbar mit dem Namen Heinz Schubel verbunden." (Semel 1998, S. 23) Stefan Semel bezeichnet die Schubel-Ära als "künstlerischen Höhepunkt" (ebd.) der Lurchgeschichten:

Sein detailnaturalistischer Bildstil lehnt sich an die Kinderbuch-Illustrationen der zwanziger und dreißiger Jahre an und ist mit großem Einfühlungsvermögen für die kindliche Vorstellungswelt gestaltet. Schubel macht sich vor allem um die Darstellung von Lurchi verdient: In geradezu klassischer Weise moduliert er die an der menschlichen Anatomie orientierte Gestalt des Salamanders, die in Szenen der Bewegung eine erstaunliche Dynamik entwickelt. (Ebd.)

1972 tritt dann mit Brigitte Smith die erste (und bis heute vermutlich einzige) weibliche Zeichnerin Lurchis die Nachfolge Heinz Schubels an, wenn auch nur für drei Hefte:

Smith, im Hauptberuf Modezeichnerin, versucht, Lurchi ein zeitgemäßes Äußeres zu geben und orientiert sich dabei vor allem an der Pop-Art: ornamenthaft-verspielt wirkende Umrißlinien treten verstärkt in den Vordergrund, die Farbe wird flächig aufgetragen. Die Hintergründe, bei Schubel noch liebevoll und detailliert ausgeführt, sind stark stilisiert. (Semel 1998, S. 23)

Ihre Zeichnungen "zeigten Einflüsse von Jugendstil und Pop-Art, […] kurz, sie hatten mit Schubels d[e]tailnaturalistischen Darstellungen nichts mehr gemein." (Granacher 1994a, S. 133) Dietwald Doblies formuliert pointiert: "Als echte Künstlerin bricht Smith Regeln" (Doblies 2010c).

Heft 56 wird von einem nach wie vor unbekannten Zeichner verwirklicht (vgl. Gender), dessen Identität in der Lurchi-Forschung ein heiß diskutiertes, final aber nicht geklärtes Phänomen darstellt. Einigkeit besteht aber bezüglich der Qualität des besagten Heftes: "Der unbekannte Zeichner, der Smith ablöst und das Heft 56 gestaltet, kann für sich die zweifelhafte Ehre in Anspruch nehmen, den absoluten Tiefpunkt der Serie gestaltet zu haben." (Semel 1998, S. 23) Nach Rüster bleibt nur zu hoffen, dass der anonyme Verantwortliche "bis heute in einem finsteren Loch sitzt und sich schämt." (Rüster 2009, S. 158)

Anschließend "übernimmt zuerst Enrique Puelma und 1977 dann Georg Nickel die künstlerische Betreuung des Salamanders. Beide lehnen sich in ihrer Interpretation an Schubels naturalistischen Stil an, ohne jedoch dessen technische Brillanz zu erreichen." (Semel 1998, S. 23; Herv. i. O.) Semel formuliert diese Einschätzung bereits 1998, Doblies vertritt hinsichtlich der Zeichner-Chronologie einen anderen Standpunkt: "In älteren Lurchilisten gilt Enrique Puelma als Schöpfer von sieben Lurchiheften. Die heutige Lurchiforschung geht jedoch davon aus, dass schon ab Folge 61 (1976) ein anderer Zeichner am Werke war: Friedrich Johann Nickel, der Vater des späteren Lurchizeichners Georg Nickel." (Doblies 2010g) Erwähnt werden muss Georg Nickels Tendenz zu grafischen Experimenten. Er variiert seinen Stil beinahe von Folge zu Folge, es geht "ordentlich hin und her mit Lurchi und seinen Freunden unter Nickels Regie." (Doblies 2010i)

1979 reiht sich Peter Krisp, "der seine Hefte mit dem Künstlernamen Piiit Krisp signierte" (Doblies 2010r), in den Kreis der Künstler ein und zeichnet bis 1988 (Heft 96) abwechselnd mit Georg Nickel, danach im Alleingang.

Krisp […] paßt Lurchi an den internationalen Funny-Stil an: Die Plastizität der Körperbildung flacht endgültig ab, der Kopf wird größer, der Salamander dadurch kindlicher proportioniert. Eine klare Farbigkeit und die reine Linienzeichnung dominieren, und so ist es kein Wunder, daß Lurchi und seine Freunde in dieser Phase nicht nur den Muppets gleichen, sondern auch wesentlich comichafter wirken als zuvor. (Semel 1998, S. 23)

Seit 1995[15] (und bis heute) ist Dietwald Doblies für die visuelle Ausgestaltung Lurchis und seiner Abenteuer verantwortlich. Im Jahr 2000 hat Doblies "auf Wunsch der Firma Salamander die Figuren" (Doblies 2010m) modifiziert, wobei Lurchi selbst "im Wesentlichen nur neu eingekleidet worden [ist], seine Freunde wurden teilweise stärker verändert" (Doblies 2010m). (Vgl. Exkurs in die Figurenanalyse)

5 Comictheorie und -praxis

Ob sich die Abenteuer Lurchis als Comic klassifizieren oder eher der Bildgeschichte zuordnen lassen, kann und soll an dieser Stelle nicht umfassend diskutiert werden; hingewiesen sei aber auf zwei Positionen der Forschung: Dietrich Grünewald bezeichnet Lurchi als das "älteste deutsche Comicheft" (Grünewald 2014, S. 66; vgl. auch Doblies 2010k), während Bernd Dolle-Weinkauffs Begriff von 'Comic' als "Sequenz aus gezeichneten oder montierten Einzelbildern mit integriertem Schrifttext" (Dolle-Weinkauff 1990, S. 312) Lurchi per definitionem ausschließt. Schließlich findet sich dort kein integrierendes Moment, das die Bild- und Textanteile verknüpft, denn von

den klassischen Bild-Text-Verbindungen, wie man sie etwa aus der alten europäischen Bildergeschichte kennt, unterscheiden sich Comics gerade dadurch, dass sie die Hierarchie zwischen den Zeichensystemen und Wahrnehmungsweisen aufheben (Balzer 2011, S. 192).

Diese Ambivalenz, dass zwar "der Seriencharakter der Hefte den US-Comics entsprach, […] sich Zeichenstil und Versmaß [aber] an Wilhelm Busch" (Hars 2001, S. 188) orientierten, hat auch den Vorteil, dass die "aus Amerika herüberschwappende Anti-Comic-Hysterie […] von Lurchi [hat] abprallen" (Rüster 2009, S. 154) können.

Unabhängig davon, ob Lurchi "[a]ngestaubte Bildergeschichte oder Comic der anderen Art" (Rüster 2009, S. 147) ist, lassen sich zur Erzählweise der Salamanderabenteuer einige comictheoretische Beobachtungen anstellen: Betrachtet man alle erschienenen Hefte im Überblick, lässt sich festhalten, dass Lurchi und seine Freunde beinahe ausnahmslos in einem stabilen, physikalischen Systemraum agieren,[16] wobei hinsichtlich der perspektivischen Gestaltung dominierend die Frontalperspektive zum Einsatz kommt und so "kontrollierbare Räume" (Schüwer 2008, S. 121) schafft. Häufig sind, bedingt durch Einstellungsgrößen und die gezeigten Raumausschnitte, in einzelnen Panels keine konvergierenden Fluchtlinien erkennbar; es entsteht ein planimetrischer Raum als "bildparallel angelegte Schichtenfolge" (ebd., S. 127). Diese Form der Raumdarstellung hat eine strukturierende Wirkung und schränkt "die möglichen Bewegungsrichtungen der Figuren" (ebd., S. 128) ein. Die Folge ist, dass so "weniger Dynamik als vielmehr […] Sinn für Komposition und Design" (ebd.) die Panels auszeichnen, was hinsichtlich der Rezeptionsbedingungen der anvisierten Zielgruppe zugutekommt. Die Raumgestaltung der Panelsequenzen lässt sich überwiegend als flexible raumorientierte Aktionssequenz kategorisieren, mit geringer Varianz der Betrachterpositionen und der Einstellungsgrößen – die räumliche Darstellung "orientiert sich ganz an den handelnden Figuren" (ebd., S. 168). Auch hier mag die konzeptionell-gestalterische 'Einfachheit' dem Lurch nicht als Schwäche ausgelegt werden; unter Berücksichtigung der Zielgruppe scheinen die relativ unkomplizierten erzählerischen Mittel ausreichend und angemessen.

Gleiches lässt sich bezüglich der Gutter konstatieren: Diese für Comics allgemein konstitutiven Leerstellen, die "Spalt[en] zwischen den Panels" (McCloud 2001, S. 74), fordern den Rezipienten auf, durch Induktion zu "verbinden und gedanklich eine in sich zusammenhängende, geschlossene Wirklichkeit zu konstruieren" (McCloud 2001, S. 75).[17] Zielgruppengerecht zeichnen sich daher auch die Sprünge von Panel zu Panel durch geringe zeitliche und räumliche Distanz aus, um die kognitiven Fähigkeiten der jungen Rezipienten nicht überzustrapazieren und so womöglich den Unterhaltungsfaktor der Werbehefte zu schmälern.

Die eingangs bereits erwähnte 'strenge' Trennung zwischen Text- und Bildelementen der Heftseiten kann als konstitutiv für die Lurchi-Abenteuer gelten, denn obwohl "das Erzählprinzip in einer comic-nahen Bildsprache wurzelt, werden nur sehr selten Text und Bild vermengt. Sprechblasen tauchen nur als Ausnahmen auf" (Granacher 1994a, S. 129), da die Lurchi-Hefte im Gegensatz zum "amerikanischen Comic-strip […] nicht unter dem Diktat der Sprechblase" (Riha 1994, S. 6) stehen.

Allerdings zeichnet sich im Laufe der Dekaden eine stärkere Tendenz zur Auflockerung des anfangs noch recht starren Seitenlayouts ab: Panelanordnungen werden handlungsfunktionaler, Panelbegrenzungen durchbrochen und die visuellen Elemente freier auf den Seiten angeordnet. Auch "werden relativ oft Geschwindigkeitslinien oder Affektkürzel wie die berühmten Sterne (Zeichen für Benommenheit, alles dreht sich) verwendet" (Granacher 1994a, S. 129), comictypische Onomatopoetika (die sog. 'Soundwords') bleiben allerdings weiterhin eher die Ausnahme. Punktuell finden sich aber weitere comicnarratologisch bemerkenswerte Abweichungen vom 'Lurchi-Standardprinzip', von denen einige im Folgenden exemplarisch Erwähnung finden sollen (auch wenn sich diese lediglich im Lurchi-Gesamtkontext als innovativ bezeichnen lassen):

So findet sich in Abb. 03 durch Verschiebung des Blickwinkels von der 'lurchüblichen' Normalsicht zu einer Froschperspektive eine Betonung der vertikalen Achse und somit eine Steigerung der Tiefenwirkung des Panels. Nicht nur der heldenhafte Abstieg des Salamanders zur Rettung des in die Kanalisation gepurzelten Eintrittsgeldes wird so dramatisiert, auch eignet sich eine solche Untersicht vorzüglich zur Inszenierung und Exposition des Lurchi-Schuhwerks – veni, vidi, werbi. Grundsätzlich kann der Nickel/Drexler-Ära generell ein feineres und freieres Spiel mit Elementen, Perspektiven und Varianz räumlicher Gestaltung zugeschrieben werden.

Abb. 3: Froschperspektive mit prominentem Schuhwerk (L4, S. 39)Abb. 3: Froschperspektive mit prominentem Schuhwerk (L4, S. 39)

Von der Tiefe des Gullys in luftige Höhen führt der Einsatz einer extremen Aufsicht bzw. Vogelperspektive in Panel 2, Abb. 04. Schon bei nur oberflächlicher Analyse fällt auf, dass der Wasserfall zwar den Regeln eines strengen 90°-Blickwinkels (und damit der klassischen 'Vogelperspektive') folgt, Lurchis Dampfer sowie die Vegetation am Flussufer aber nach einer zwar extrem steilen, nur eben nicht senkrechten Blickachse konstruiert sind, was zu einer eigentlich 'falschen' perspektivischen Komposition führt. Eine sinnvolle Erklärung lässt sich auch hier wieder in der Zielgruppenbezogenheit finden. Kinder ziehen vermutlich ein visuell spannendes Panel mit höheren Tiefeninformationsanteilen der korrekten, aber relativ 'flach' wirkenden vogelperspektivischen Darstellung vor. Auch der am unteren Bildrand eingezeichnete Vogel kann in dieser Hinsicht interpretiert werden und hilft Rezipienten, die wenig bis gar keine Erfahrung im Umgang mit komplexen perspektivischen Konstruktionen haben, bei der schnelleren Erfassung und Einordnung der räumlichen Informationen. Noch eine weitere Besonderheit lässt sich dem untersuchten Panel attestieren. Durch die perspektivische Übersicht findet einerseits eine gewisse Entkoppelung und Distanzierung von der unmittelbaren Bedrohungssituation des heldenhaften Lurchi statt, andererseits wird dem Rezipienten ebenso ein Informationsvorsprung gewährt: Während der Salamander am Steuer des Dampfers – von dessen Qualm vorübergehend erblindet – die falsche Flussbiegung nimmt und die drohende Gefahr durch den Wasserfall erst in Panel 3 wahrnimmt (visualisiert wird der Erkenntnismoment durch eine Gedankenblase und den sogenannten 'Aha'-Zeigefinger), kann der Betrachter der Bilder bereits in Panel 2 die Bedrohung ausmachen. Dadurch wird Spannung generiert und die perspektivisch bedingte Distanz durch Antizipation des unvermeidlich scheinenden Aufeinandertreffens von Lurch und Wasserfall wieder relativiert.

Abb. 4: 'Falsche' Vogelperspektive (L5, S. 44)Abb. 4: 'Falsche' Vogelperspektive (L5, S. 44)

Vereinzelt findet sich in Lurchis Abenteuern auch der Einsatz subjektiver Blickwinkel im Sinne eines optischen 'point-of-view' (Abb. 05) sowie der Einsatz technischer Zeichnungen bzw. 'lehrbuchartiger' Elemente mit hohem Textanteil in den Panelsequenzen (Abb. 06). Gerade hinsichtlich der letztgenannten Aspekte scheinen die von Georg Nickel realisierten Lurchigeschichten, die sich häufig dem Handlungskreis der 'Abenteuerfahrten' zuordnen lassen, einen auffallend hohen Anteil aufzuweisen.

Abb. 5: Subjektiver Blickwinkel (point-of-view) und 'Lehrbuchhaftigkeit' (L5, S. 49)Abb. 5: Subjektiver Blickwinkel (point-of-view) und 'Lehrbuchhaftigkeit' (L5, S. 49)

Abb. 6: Subjektiver Blickwinkel (point-of-view) und 'Lehrbuchhaftigkeit' (L5, S. 83)Abb. 6: Subjektiver Blickwinkel (point-of-view) und 'Lehrbuchhaftigkeit' (L5, S. 83)

Die enthemmte Motorik der Lurchi-Gestalt, die freigelassene Bewegung, die Geschehen schafft – immer auch Dank Schuh – rückt bereits in Heft 3 ausführlich in den Blick. […] Das Moment der motorischen Enthemmung angespannter Physis, das Rasanz und Krassheiten in die Geschichte bringt, von märchenhaften Anfangs- und Schluß[s]zenen bzw. statischen Großeinstellungen überfangen, bedingt den euphorisierenden Zug der Geschichten, den Heinz Schubel […] meisterhaft zu dosieren weiß. (Kräubig 1994, S. 66)

Diese Einschätzung Jens Kräubings ist sicherlich auf mehreren Ebenen korrekt, auf comicanalytischer Ebene hingegen bieten tiefgehende Bewegungsanalysen der Panels hinsichtlich der Rhythmisierung oder der Funktionspotentiale von Bewegungsdarstellungen interpretatorisch einen nur geringen Ertrag. Erneut muss hier berücksichtigt werden, dass Lurchi eben kein 'klassischer' Action-Comic ist, und sich daher auch nicht zwangsläufig mit der Diskrepanz zwischen angestrebtem dynamischen, aktionsorientierten Inhalt und der gleichzeitigen medial bedingten Starrheit und Bewegungslosigkeit auseinandersetzen muss. Im Sinne der Werbefunktion muss Lurchi auch hinsichtlich der Bewegungsdarstellungen keine überbordenden, kühnen Innovationen liefern, um im Kern zu funktionieren.

So bleibt zu konstatieren, dass Kräubigs Aussage, in den Lurchi-Abenteuern werde "Kinderwelt erzeugt aus einer Erwachsenenperspektive" (Kräubig 1994, S. 71), aus inhaltlicher sowie konzeptueller Sicht sicherlich zuzustimmen ist – dies aus comictheoretischer Sicht allerdings kaum der Fall sein dürfte. Wie deutlich geworden ist, kann dem Befund, Lurchis Abenteuern hafte im direkten Vergleich zum je zeitgenössischen 'Avantgarde-Comi' etwas Altbackenes an, stets mit der Rechtfertigung über die Lese- und Sehgewohnheiten eines relativ jungen Adressatenkreises begegnet werden.

6 KJL/KJM

Mit einer Auflage von bis zu drei Millionen Exemplaren (vgl. Zips 2004)[18] und dem wohlkalkulierten Relaunch im Jahr 2000, der Lurchi et al. einer größeren Klientel hat näherbringen sollen, stellt sich die Frage nach Zielgruppenerwägungen und mithin KJM-Spezifika. Mit dem Wegfall des Paarreims etwa ist eine Bastion aufgegeben worden, die durchaus als Grundelement der Reihe angesehen werden konnte und lange Zeit den 'Mindestanspruch' verbürgt hat (vgl. Medienverbund und Merchandise).

Dass eine Werbefigur eine möglichst große Zielgruppe begeistern und bedienen soll, ist eine marktwirtschaftliche Binsenweisheit. Dass die Marktforschung, die etwa zutage gefördert hat, "dass Reime bei vielen Kindern nicht beliebt sind und die Hefte aus diesem Grund gar nicht gelesen werden" (Kienel 2012, Anhang XVIII), mit diesem Umfrageergebnis deutlich danebengelegen hat, ist angesichts der Auflagenzahlen vor und nach dem Relaunch (vgl. ebd.) sowie der Tatsache, dass "nach und nach einige Änderungen zurückgenommen wurden" (Rüster 2009, S. 162), recht offensichtlich. Die Umwälzungen sind sogar in großen Teilen revidiert worden: das Formatexperiment, die Zählung, partiell sogar die Reimlosigkeit. Bereits 2003 erscheint wieder ein grünes Heft (Nr. 130) und spätestens

[m]it der Nummer 131 'Lurchi und die falschen Weihnachtsmänner' schien der Fortschritt in die Vergangenheit weiterzugehen: Nun war die ganze Geschichte wieder gereimt, fast war man wieder auf dem Stand wie einige Jahre zuvor. Auch bei den Geschichten und Figuren machte sich das bemerkbar: Die Abenteuer sind wieder ähnlich angelegt wie in den früheren Heften, die Charaktere haben ihre extremsten Züge abgelegt – Piping etwa muss nicht mehr als Baby agieren und kann wieder normal sprechen. (Granacher 2005d) (Vgl. Exkurs in die Figurenanalyse)

Allerdings ist auch dies nur eine Momentaufnahme; der achte Sammelband bei Esslinger führt den "mehrmalige[n] Wechsel im Ansatz der Hefte" eindrucksvoll vor Augen: mal Hüh, mal Hott, inklusive durch die Vorboten der Insolvenz bedingten 'Ungereimtheiten' (ebd.). Eine Konstante hingegen macht hinsichtlich der KJM-Betrachtung das Durchbrechen der 'vierten Wand' aus. Laut Riha (1994) übernehmen die Nebenabbildungen eine zusätzliche Verweisfunktion, indem sie von der Text- auf die Bildebene deuten. Diese Funktion, die sich unschwer als vereindeutigende Leserlenkung begreifen lässt, findet sich in Form von deiktischen und manchmal didaktisch-lehrreichen Leseransprachen bspw. in Heft 30 (Erntezeit; L2, S. 25ff.): "Fremder Duft, so merkt’s euch schon" (ebd., S. 27); "Seht, der Korntank wird entladen" (ebd., S. 28); "wie Ihr’s auf dem Bilde seht!" (ebd., S. 29).

Der Blick auf das KJL-Publikum spiegelt sich ferner in der Bearbeitungsgeschichte der Hefte und Bände wider: Selektive Neuauflagen, nicht in die Sammelbände übernommene Geschichten, Zensur problematischer Stellen, geänderte Reihung der Hefte in den Bänden (vgl. Granacher 2004b) etc. geben zu erkennen, dass die jeweils vorherrschende Pädagogik durchaus Einfluss auf die 'Häutungen' Lurchis genommen hat. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang vor allem zwei Aspekte: Von denjenigen drei Heften, die Granacher noch 2004b als "niemals in Buchform erschienen[e]" ausweist, sind mittlerweile die Nummern 96 und 108 sehr wohl publiziert worden. Heft 96 thematisiert "eine recht misslungene Kindheitsepisode, in der Lurchi und Freunde während ihrer Schulzeit allerlei lebensgefährliche Dinge treiben". Auf "dieses Stück alberne[] Antipädagogik" hat man seinerzeit wohl gerne verzichtet. In Heft 108 geht es um einen "ziemlich brutalen Kampf des Lurchi-Teams gegen einen menschenfressenden Zauberriesen – kein Wunder, dass es der pädagogischen Zensur zum Opfer fiel". (Ebd.) Lediglich Heft 72, bei dem man befürchtet hat, dass sich, aufgrund seiner "in recht leichtfertiger Weise" verhandelten Elektrizitäts-Thematik, "Kinder davon zu ähnlichen Experimenten anregen ließen" (ebd.), bleibt bis auf weiteres nur antiquarisch erhältlich – und ab dem Moment, an dem sich der Nachwuchs über diese Beschaffungshürde hinwegzusetzen vermag, dürfte der verständige Umgang mit Elektrizität vorausgesetzt werden. Die zweite Denkwürdigkeit stellt die schrittweise und der 'Correctness' stets etwas nachhängende Überarbeitung der Sammelbände dar. Dort ist der massenwirksamste Ort, um von Auflage zu Auflage die Schere – mal mehr, mal weniger nachvollziehbar – anzusetzen. Ein besonders prominent gewordenes Beispiel betrifft Heft 13 (L1, S. 73–77).

Abb. 7: Zensurgeschichte von den 'wilden' Kannibalen bis nach Afrika (Böhm 1984, S. 8; LI alt, S. 68f.; L1, S. 68f.)Abb. 7: Zensurgeschichte von den 'wilden' Kannibalen bis nach Afrika (Böhm 1984, S. 8; LI alt, S. 68f.; L1, S. 68f.)Zensurgeschichte von den 'wilden' Kannibalen bis nach Afrika (Böhm 1984, S. 8; LI alt, S. 68f.; L1, S. 68f.)

Wo es in der ursprünglichen Fassung sowohl bild- als auch textseitig Verfängliches gab, wird in späteren Auflagen (vgl. Rüster 2009, S. 153) die Szene hinsichtlich der Abbildung

durch eine harmlosere ersetzt: Die Gruppe findet nur noch einen leeren Kessel in der afrikanischen Steppe – ohne Kannibalen. Entsprechend wurde der Titel dieser Episode im Inhaltsverzeichnis des Buches von 'Lurchi bei den Wilden' geändert zu 'Lurchi in Afrika'. (Granacher 2004b)

Allerdings hat der Text noch weitere Auflagen gebraucht, um von "Möchte auch mal Neger sein!" (LI alt, S. 68) zu "Möchte mal ganz dunkel sein!" das N-Wort final abzuschütteln. "Warum nun das Ganze?", fragt Granacher rhetorisch. Heutzutage ist die Sinnhaftigkeit eines solchen Verfahrens weitgehend über jeden Zweifel erhaben, aber man kann den Skeptikern auch einfach mal 'brute facts' vorlegen: "um die geographische Richtigkeit wiederherzustellen (Kannibalismus war in Afrika nie Mode…)." (Granacher 2004b)

Aber auch in puncto anderer Zusammenhänge wurde etwa bei

den von Heinz Schubel nachgezeichneten Episoden […] die Gelegenheit genutzt […], […] die Handlung der Hefte zu modernisieren und von Brutalitäten zu befreien. So wurde in der Nummer 2 der Kobold, der von Lurchi einen Fußtritt ins Gesicht bekommt und dann von einem Fisch gefressen wird, gänzlich gestrichen. In Heft 4 fiel Lurchis Eingreifen in eine Kriegshandlung weg. Stattdessen kam eine Sequenz hinzu, in der Lurchi eine Wüste mit Regen versorgt. In der gleichen Nummer wird aus dem Propellerflugzeug, mit dem Lurchi einem angreifenden Geier den Kopf abtrennte, eine Düsenmaschine: Der Vogel wird nur gerupft (Granacher 1994a, S. 123).

Abb. 8: Geier, geköpft vs. Geier, gerupft (Lurchi – dem Feuersalamander auf der Spur 1994, S. 89; L1, S. 127)Abb. 8: Geier, geköpft vs. Geier, gerupft (Lurchi – dem Feuersalamander auf der Spur 1994, S. 89; L1, S. 127)

Trotz dieser Glättungen in der zweiten Hälfte der 1950er-Jahre sind Lurchis Abenteuer nach wie vor immer noch ziemlich ungezähmt, teilweise ist es sogar

[g]anz schön aufregend, was den Kindern da Mitte der fünfziger Jahre vorgesetzt […] [worden ist]: Atemloses Erzähltempo, schnelle Schauplatzwechsel, eine rasche Folge von Hyperrealismus und romantisiertem Reisebericht – kein Wunder, dass der Lurch ausgesprochen schnell auch außerhalb der ursprünglichen Klientel Strahlkraft entwickelte. (Rüster 2009, S. 154)

Laut Dietwald Doblies "war Lurchi in den 50er und 60er Jahren so erfolgreich, weil die Autoren so genannte 'pädagogische' Regeln fröhlich außer Acht gelassen haben." (Kienel 2012, Anhang XVIII) Damit verfolgt man bereits im 'goldenen Zeitalter' avant la lettre genau diejenige Strategie, die man auch dem postmodernen Kinderbuch heutzutage positiv zuschreibt: den 'moralischen Zeigefinger' in der Tasche zu belassen, um den kindlichen Rezipienten (in der Folge von Montessori und Co.) ernst zu nehmen. Man erinnere sich an die "heftige Kontroverse unter Pädagogen wegen des anarchischen Verhaltens der Hauptfigur" (Kümmerling-Meibauer 2012, S. 137), nachdem 1949 Pippi Langstrumpf in deutscher Erstübersetzung erschienen ist. Etwas salopp gesagt toppt Lurchi Pippis Anarchie in seiner "Hau-Drauf-Phase" unter Heinz Schubel: "Er fährt Motorrad, Cabriolet, segelt, fliegt ins All, schlägt zu Hause alles kurz und klein, prügelt, tötet, säuft und feiert." (Brendel 1994, S. 114) Während sich die Attribute der ersten Satzhälfte mit Pippis positiv besetzten Erwachsenen-Vorrechten decken (reiten, Ballonfahren, Auto auch…), wären diejenigen der zweiten Satzhälfte gelinde gesagt selbst reformpädagogisch bedenkliche Charaktereigenschaften für den Protagonisten einer Bildergeschichte. Grund genug, um die literarischen Wesenszüge Lurchis und seiner Mitstreiter einmal genauer in den Blick zu nehmen.

7 Exkurs in die Figurenanalyse

Lurchi hat, bevor die Figurenkonstellation als solche überhaupt besteht, ein kurzes Solo. Erst ab Heft 6

steht auch die Kernmannschaft der Handlung: Lurchi, der Draufgänger mit den guten Ideen. Zwerg Piping, der Pragmatiker. Frosch Hopps, der jugendliche Ungestüm. Unkerich, in Heft 5 noch der Gemeindebüttel, wird der etwas träg-verfressene comic relief. Die Maus Mäusepiep und der Igel Igelmann bleiben eher konturenlos – bei sechs Hauptcharakteren kein Wunder. (Rüster 2009, S. 151f. Herv. i. O.; vgl. Semel 1998, S. 20f.)

Dieser Einschätzung pflichtet Granacher nur scheinbar bei:

Nicht zu Unrecht hatte man festgestellt, dass es Lurchis Gefährten an einem eigenen, unverwechselbaren Charakter mangelte: sie waren austauschbar. Fairerweise muss man aber auch sagen, dass es diesen Charakter früher durchaus gegeben hatte; in den knapp 30 Jahren nach dem Abschied von Zeichner und Texter Heinz Schubel hatte er sich jedoch abgeschliffen. Früher war Hopps der junge Lausbub gewesen, Piping der Bastler und Vaterfigur, Unkerich der Behäbige und Pedant, Mäusepiep der Pechvogel und Igelmann…naja, der Igel. (Granacher 2005d)

Die relative Blassheit respektive der hohe Grad an Typisierung der Nebenfiguren im Kontrast zum Protagonisten in schwarz-gelb darf freilich nicht verwundern, sollten die Rezipienten doch von Lurchis Abenteuern hören und lesen:

Lurchi ist die Hauptfigur, der Held der Geschichten. Er ist der Anführer bei allen Aktionen, weiß besonders im Ausweglosen Rat, handelt dabei schlau und rasch. So wandelt er zum Teil unfreiwillig von Sieg zu Sieg. […] Die Siegesfeiern, die Lurchi regelmäßig veranstaltet, bringen seine dionysischen Seiten zum Vorschein (Granacher 1994a, S. 123).

Aber keineswegs erschöpfen sich seine Eigenschaften darin, der Held zu sein. Auch (gröbere) Streiche – gröberer Unfug war bis 1975 und also zur Entstehungszeit der Geschichten strafbar – zählen zum Handlungsrepertoire: Nachdem seine Wünschelrute, mittels derer er in (L2, S. 34) auf der Suche nach einer Wasserquelle ist, vermutlich nicht ganz von alleine auf Hopps eingedroschen hat, stimmt Lurchi darüber hinaus in lautes Gelächter ein, als die Maulwürfe in den Stacheln landen (ebd., S. 35). Und das nachdem er diese vorher, einem Feldherren gleich und bezeichnenderweise in Untersicht präsentiert, zur Arbeit genötigt hat und also nicht ganz unschuldig an deren Misere ist (ebd., S. 34). Zimperlich geht anders und auch die darauffolgende Rache der Maulwürfe am Igel kann sich einem Kindergedächtnis durchaus einbrennen (ebd., S. 37).

Abb. 9: Gröbere Streiche: Gewalt, Schadenfreude und Rache (L2, S. 34–37)Abb. 9: Gröbere Streiche: Gewalt, Schadenfreude und Rache (L2, S. 34–37)

Lurchis "anfänglich uneingeschränkt dominante Rolle verwandelt sich verstärkt in einen 'primus inter pares'." (Granacher 1994a, S. 123) Auch seine mit der Zeit nicht mehr ohne weiteres goutierbaren Prügelattacken, die zunächst noch auf das Konto seiner pubertären Stellung haben verbucht werden können, werden zurückgefahren. Zwar muss man den satirischen Erstveröffentlichungskontext der Typologie gewärtigen (vgl. Riha 1994, S. 6f.), wenn man Brendels "[k]urze[n] Abriß der vier Entwicklungsphasen des Feuersalamanders von 1952 bis 1989" (Brendel 1994a, S. 114) zitiert, doch enthalten bekanntlich alle 'Überzeichnungen' ein Körnchen an Diskutablem. Brendel postuliert vier Phasen: Der ersten "Hau-Drauf-Phase" (Schubel; vgl. KJL/KJM) folge die zweite, die "LSD-Phase" (Smith):

Aus heutiger Sicht erscheint es als ein Wunder, daß die Abenteuer der LSD-Periode nicht dem Stift des Zensors zum Opfer fielen. Zum Beispiel diese Zeilen, die unverhohlen die Wirkung von Halluzinogenen verherrlichen: 'Oh, welch grandiose Weiten / sehn sie da vorübergleiten: / Carolina, Tennessee, / Smoky (sic!) Mountains heißen sie' (III, 70). (Brendel 1994a, S. 114).

Als "Phase der allgemeinen Degeneration" bezeichnet Brendel – zeitlich deckungsgleich mit Semels Einordnung (vgl. Historische Lurch-Genese) – die Drexler-Nickel-Puelma'sche. Laut Brendel erreiche diese mit Georg Nickels "absolut unfähige[n]" Zeichnungen "ihren absoluten Tiefpunkt" (Brendel 1994a, S. 115). Letzte Station stellt schließlich die "infantile Phase" unter Sveistrup und Krisp dar: Lurchis "Engagement im Ökobereich scheint auf eine starke Verweichlichung des ehemals liebenswerten Rabauken zu deuten." (Brendel 1994a, S. 116)

Spätestens mit der Figurenneukonzeption zur Jahrtausendwende sind diese Attribuierungen aber zumindest teilweise hinfällig. Teilweise deshalb, weil auch Granacher (satirefrei) in ein ähnliches Horn bläst: Zwar wurde Lurchi, im Gegensatz zu seinen Freunden, "von der Renovierung nicht ganz so hart betroffen, aber statt tapferer Held musste er nun eine immer besonnene Leitfigur sein, ein wahres Monster an sozialer und emotionaler Intelligenz." (Granacher 2005d) Dass diese Umgestaltung insbesondere die älteren Lurchi-Leser pikiert hat, bringt Granacher zur Sprache, wenn er nostalgisch und empört zugleich formuliert: "Und wenn der Titelheld in 'Ein Geburtstag wie kein anderer' weinend nach Hause schleicht, weil er seine Freunde nicht findet, muss sich der langjährige Lurchi-Leser schon entsetzt an den Kopf fassen…" (ebd).

Die tierischen Gesellen, die Lurchi zur Seite stehen, sind ebenfalls ordentlich 'frisiert' und vor allem – wie Lurchi selbst – angekleidet worden, denn wie Granacher in unüberbietbarer Ironie schildert:

Nacktheit ist out: 'Heute kann sich niemand mehr mit dem nackigen Lurchi mit Tirolerhut und Salamanderschuhen identifizieren', argumentierten die Umgestalter. Da irritierte es auch nicht, dass sich der halbnackte Donald Duck oder die ganz unbekleideten Pokemons [!] weltweiten Erfolges erfreuen: Argumentieren ist zwecklos, Marketing ist Glaubenssache. (Ebd.)

Jedenfalls haben Lurchis Gefährten nicht nur optisch, sondern auch figurenkonzeptionell ein einschneidendes 'Umstyling' erfahren:

Piping etwa, bis dahin ein eher greisenhafter Zwerg, wurde zu einem jungen Kobold umdefiniert und übernahm die Frechdachs-Rolle von Hopps. Zugleich wurde bestimmt, dass er nunmehr 'nicht richtig sprechen kann', wie es im Konzept heißt. Unkerich wurde wegen der Mütze, die ihn einst als Büttel ausgezeichnet hatte, kurzerhand zu einem Kapitän gemacht, blieb sich aber charakterlich treu. Igelmann durfte die Rolle des genialen Tüftlers übernehmen, schlüpfte also in Pipings Schuhe. Wieder waren die sechs im Team eigentlich einer zuviel: Für Hopps gab es keine echte Rolle mehr, er verkörpert in der neuen Gestaltung einfach einen sportlich-lässigen Typ. (Granacher 2005d)

Obwohl diese Einschätzung sicherlich ein hohes Maß an Expertise und Plausibilität erkennen lässt (vgl. Kienel 2012, S. 44–46), hält die Marketingabteilung klar dagegen. Auf Lurchi.de (Lurchi online a) findet sich für jede Figur ein eigener Steckbrief, der interne und externe Elemente der Figurenanalyse umfasst,[19] und der für alle sechs Akteure gleichermaßen lang und gleichermaßen (wenig) einfallsreich ist. Einerseits wird transmedial mit der internen Charakterisierung geliebäugelt, wenn dort zu lesen ist, dass Mäusepiep, "[d]amit die Freunde ihn für tapfer halten", "ein T-Shirt mit der Abbildung des größten Feindes der Mäuse" trage – eine Setzung, die sich in den Heften nicht wiederfindet und damit ungedeckt ist. Andererseits verrät dieses Prozedere, was die externe Perspektive der Figurenanalyse anbelangt, dass es erst ein Konzept am Reißbrett gegeben hat, bevor die Figuren nach diesem Skript zu handeln haben. In einer verwobenen Mischung aus extern und intern zu nennenden Figurenfacetten wird Mäusepiep weiterhin als "kleiner, agiler Kerl" gelabelt: "nicht unbedingt der Mutigste, aber clever handelnd." Piping ist – besser: soll sein – "quirlig und frech", Unkerich "ein gutmütiger Kerl", Lurchi "ein Meister im Improvisieren", Hopps der "Sportlichste aus der Gruppe" und Igelmann schließlich ein "kopfgesteuerter Typ". (Lurchi online a) Damit ist sogar expressis verbis der Bogen zur Typisierung (auch à la Propp) geschlagen – der mittlerweile anvisierte kindliche Leser soll seine geneigte Sympathie auf Lurchi konzentrieren, Lurchis Freunde sind nur insofern von Relevanz, als der Feuersalamander gelegentlich ihrer Hilfe bedarf und seine Abenteuer "mit anderen teilen kann" (ebd.). "Die Typisierung erleichtert dem Leser nicht nur die Identifikation mit einer oder mehreren Figuren, es bildet sich auch der Kern eines wiederkehrenden Handlungsschemas heraus […]. Natürlich unterstützt diese Rollenverteilung auch Lurchis Stilisierung zum Helden" (Semel 1998, S. 21). Dietwald Doblies benutzt zur Charakterisierung seiner Mitstreiter zwar den etwas missverständlichen Begriff 'Antiheld', obwohl 'Sidekick' vermutlich treffender wäre, dennoch rundet seine Einschätzung den Komplex der Typisierung ab:

Bekanntlich haben die Helden lustiger Comicgeschichten oft an ihrer Seite einen Antihelden, der den strahlenden Star überhaupt erst für die Leser erträglich macht. Asterix hat seinen Obelix, Tim (und Struppi) den Kapitän Haddock und die Micky Maus den schusseligen Goofy. Lurchi hat Unkerich. (Doblies 2010s)

Blickt man auf die prinzipiell unabschließbare Liste der potentiell direkt wie indirekt schilderbaren Eigenschaften von Personen respektive literarischen Figuren, lehrt schon die antike Rhetorik, dass Figurenbauplänen 'nach Schema F' etwas Hölzernes anhaftet. Deswegen verwundert es umso mehr, dass das 'Skill-Set', das tierische Figuren für gewöhnlich mitbringen, nicht handlungsfunktional eingebunden wird. Zwar werden die bestimmten Tieren nachgesagten Eigenschaften handlungs- und charakterisierungsrelevant bei eher als Statisten fungierenden Handelnden (so ist beispielsweise in Lurchi kämpft um den Pokal [L8, 75–81] der Krake aufgrund seiner Fangarme [respektive -beine] ein äußerst fähiger Fußballspieler), bei Lurchi und seinen Freunden hingegen ist es eigentlich nur der Igel, der gelegentlich ob seiner Stacheln seine tierische Konstitution einbringen darf. Ist das Konzept? Hat es eventuell die Aufgabe einer 'Enttierlichung', einer Anthropomorphisierung? Diesen und ähnlichen Fragen soll nun in einem Abschnitt zur Human-Animal-Blickweise nachgegangen werden.

8 Human-Animal Studies

Unter Human-Animal Studies, oft mit HAS abgekürzt, versteht sich eine (zumindest im deutschsprachigen Raum) relativ junge,[20] interdisziplinär ausgerichtete Forschungsperspektive, die mit diversen methodischen Ansätzen Mensch-Tier-Verhältnisse fokussiert. Denn die "Frage nach 'dem Tier' bzw. nach gesellschaftlichen Mensch-Tier-Verhältnissen stellt eine der grundlegendsten ethisch-politischen wie philosophischen Fragen unserer Zeit dar" (Chimaira 2011, S. 13):

Zentral in den HAS ist das Erforschen und kritische Hinterfragen unserer Beziehungen mit anderen Tieren, des Zusammenspiels und der Wechselwirkung von Menschen und anderen Tieren. Nichtmenschliche Tiere werden dabei nicht als kulturelle Gegenstände, Symbole oder Muster betrachtet, sondern als Lebewesen mit eigenen Erfahrungen, Empfindungen, Perspektiven und Interessen, als gesellschaftliche Akteur_innen und als Individuen mit einem intrinsischen Wert wahrgenommen (ebd., S. 17).

Obwohl, wie eingangs konstatiert, der Trupp um den abenteuerlustigen Salamander selten bis nie auf seine originären 'tierischen' Fähigkeiten zugreifen kann, findet sich auf der offiziellen Lurchi-Homepage unter dem Reiter Steckbrief eine Galerie mit Datenblättern, die grundlegende Fakten über die 'realen' Tiere vermittelt, welche Lurchi und seinen Freunden Pate gestanden haben. Dort kann man beispielsweise erfahren, dass "[d]er echte Feuersalamander […] nicht so frech wie Lurchi [ist]. Tagsüber versteckt er sich unter Steinen oder totem Holz. Nur in der Dämmerung sucht er seine Nahrung." (Lurchi online d) Auch vor der Giftigkeit des 'echten' Feuersalamanders wird dort eindringlich gewarnt; ein effektiver Verteidigungsmechanismus, der in den fiktionalen Lurchi-Abenteuern dem Prozess der Vermenschlichung zum Opfer gefallen zu sein scheint. Ein 'kindgerechter' Protagonist, der bei Berührung ein giftiges Sekret absondert, erscheint hinsichtlich positiver Werbeeffekte auch wenig sinnvoll. Hier macht sich erstmals deutlich bemerkbar, dass nicht nur der "'feurige' Molchleib […] detailliert von der Anatomie des menschlichen Körpers her aufgebaut und modelliert" (Kräubig 1994, S. 66) wird, sondern auch signifikante Eigenschaften der anthropomorphisierten Tiere einer Orientierung an menschlichen, eher 'unspezialisierten'[21] Fertigkeiten weichen. Bestimmende Dominante in der Konzeption des Lurches ist also die menschliche Perspektive, nicht die des Tieres.

Hinsichtlich des Einsatzes anthropomorphisierter Tiere als literarische Figuren ist Lurchi keineswegs kühner Vorreiter, vielmehr kann diesbezüglich bereits in den frühen Entstehungsjahren des rüstigen Salamanders auf eine lange Traditionskette zurückgegriffen werden. Bei Karl-Ludwig Hofmann findet sich ein knapper, aber präziser diachroner Blick auf Form und Funktion der Darstellung 'vermenschlichter' Tiere:

Die überlieferten anthropomorphen Tierdarstellungen – die Kombination menschlicher und tierischer Elemente oder die Betonung tierischer Züge im Bild des Menschen und ihre Kehrseite, die vermenschlichende Darstellung von Tieren – sind Zeugnisse dafür, wie Menschen ihre Stellung in der sie umgebenden Welt zu unterschiedlichen Zeiten interpretierten. […] Historisch veränderten sich jedoch die Inhalte und damit die Bildformen der Projektionen: Die Tier-Mensch-Überblendungen […] dienen der moralischen Belehrung; sie erheben den Anspruch, wissenschaftliche Erkenntnisse zu vermitteln; sie zielen auf die satirische Entlarvung; schließlich können mit ihrer Hilfe märchenhaft-abenteuerliche Geschichten für Erwachsene und Kinder erzählt werden. (Hofmann 1994, S. 36)

Hinsichtlich des letztgenannten Punktes, der sicherlich auch bei Lurchi und seinen Abenteuern funktional zum Tragen kommt, findet sich eine ganze "Reihe von Bilderbüchern für Kinder, in denen anthropomorphe Tiere auftreten" (ebd., S. 41). Hervorzuheben sind hier erneut die Bildergeschichten Wilhelm Buschs: "Die Darstellung der Tiere in den Bildergeschichten Wilhelm Buschs richtete sich gegen die verniedlichende Vermenschlichung der Tiere" (ebd., S. 36; vgl. Doblies 2010b), als Absage an eine Tradition, die anthropomorphe Tiere in Kinderbüchern zwischen Konformismus und Disziplin, zwischen "Arbeitsfreude, Frömmigkeit und Obrigkeitsliebe" (ebd., S. 42) verortet und funktionalisiert. "Die Tiere […] sind als Gegenbilder dazu konzipiert" (ebd.) – was durchaus auch auf Lurchi zutrifft, der mit den Begriffen 'mutig', 'clever' und 'wild' sicherlich treffender charakterisiert ist als mit 'hörig', 'brav' und 'fromm': "Lurchi ist ein Abenteurer, Entdecker, Planer und Stratege mit hohem Vorwärtsdrang." (Kienel 2012, S. 57) Ein gewichtiger Unterschied liegt in der Darstellung der Vermenschlichung. "Nur in wenigen Fällen […] anthropomorphisiert Busch die Tiere durch Kleidung oder menschlichen Umgang mit Gegenständen und Geräten. In Haltung, Gestik und Mimik verleiht er ihnen dagegen durchgehend menschliche Züge." (Hofmann 1994, S. 42) Lurchi demgegenüber ist stets mit Salamanderschuhen, Tirolerhut und/oder T-Shirt anzutreffen und beweist im Bedienen von Maschinen und moderner (bisweilen auch futuristischer) Technik großes Geschick. (Vgl. Transtextualität)

Doblies merkt an, dass in den Abenteuern des gutbeschuhten Feuersalamanders alle "menschlichen Rollen […] durch Tiere ersetzt" (Doblies 2010d) sind, weist aber auch auf einige Ausnahmen hin, denn es "kommen gelegentlich auch Menschen im Lurchikosmos vor" (ebd.).

An dieser Stelle sei ein kurzer Einschub erlaubt: Auch wenn es im Rahmen dieses Artikels nicht geleistet werden kann, scheinen die Lurchi-Geschichten auch aus Perspektive der Postcolonial Studies ein ertragreiches Feld zu bieten. Vor allem die menschlichen Figuren in den von Lurchi und Co. bereisten Gegenden zeichnen sich häufig durch Attribute und visuelle Elemente aus, die sich mit Doblies wohlwollend-augenzwinkernd als "erfrischend politisch inkorrekt" (Doblies 2010d) bezeichnen lassen. So sind in einer Episode beispielsweise "die Freunde in Afrika, reiben sich politisch eher unkorrekt mit Ruß ein, denn jeder 'möchte auch mal Neger sein'" (Rüster 2009, S. 153) (vgl. KJL/KJM), mal foppt Igelmann im stereotypen Indien als vermeintliches Nagelbrett einen Fakir. Selbstverständlich trägt der Afrikaforscher weißen Tropenhelm und Jagdflinte, beinahe jeder Inder Turban und Säbel – auch Indianer und Eskimos werden ähnlich klischeehaft visualisiert (vgl. Doblies 2010d).

Abb. 10: Lurchi aus Sicht der Postcolonial Studies (L1, S. 77 u. S. 93) Abb. 10: Lurchi aus Sicht der Postcolonial Studies (L1, S. 77 u. S. 93)

Als einzige diesbezügliche Ausnahme kann erneut die Zeichnerin der Hefte 53–55, Brigitte Smith, gelten: Diese empfindet, von "Pazifismus und Feminismus geprägt und frisch von einem längeren Aufenthalt in der Hippiehochburg San Francisco zurück" (Rüster 2009, S. 156), die in den bis dato erschienenen Lurchi-Geschichten vermittelte "Darstellung fremder Kulturen recht spätkolonial-chauvinistisch und das dadurch vermittelte Wertgefüge als nicht unproblematisch. Aus heutiger Sicht ist ihr da auch zuzustimmen, für die Zeitgenossen muss es eine Zumutung gewesen sein" (ebd.). Smith bringt nicht nur ihren radikal eigenen visuellen Stil ein, sondern thematisiert auch gesellschafts- und kulturkritische Aspekte in den Abenteuern des Salamanders. Während einer (Zeit-)Reise nach China beispielsweise verhelfen Salamander-Schuhe "den rituell verkrüppelten Füßen der Hofdamen zur Erlösung" (ebd., S. 157). Da Smith der Forderung nach einer Rückbesinnung auf die etablierten 'Lurchwerte' nicht nachkommen kann und möchte (vgl. ebd.), bleibt es (leider) auch bei drei gezeichneten Heften.

Abb. 11: Lurchis 'LSD-Phase' unter Brigitte Smith (L3, S. 61)Abb. 11: Lurchis 'LSD-Phase' unter Brigitte Smith (L3, S. 61)

Dass auch noch unter Doblies "die Chinesen bei den Olympischen Spielen […] 'Blavo! Blavo!'" rufen, "als ob es die sensibleren Darstellungen von Smith und Doblies selbst nie gegeben hätte", (Rüster 2009, S. 163; vgl. L8, S. 109) muss in das Problembewusstsein eingeschrieben werden. Auf der anderen Seite bieten die drei bereits erwähnten, von Brigitte Smith gezeichneten Hefte einen deutlichen Gegenentwurf:

Wo Schubel seine Helden Indianer spielen ließ, mit Marterpfahl und winnetouesker Maskerade, erzählt Smith eine fantastische Geschichte im Einklang mit uramerikanischer Mythologie. Wo Lurchi in der Savanne Zebras aufzäumte, kämpft er nun mit der Tierwelt gegen Wilderer. (Rüster 2009, S. 157)

Betrachtet man nun eingehender den Lurch-Kosmos mit dezidiertem Blick auf Mensch-Tier-Verhältnisse und Anthropomorphisierungen, gerät zwangsläufig der Aspekt der Sprache in den Fokus: Lurchi kann sprechen. Dies mag in einem (fantastischen) Kinder(bilder)buch vielleicht wenig überraschen, dennoch ist diese schlichte Feststellung bemerkenswert, denn von "alters her gilt die Sprache als eine conditio humana, durch die sich der Mensch von allen anderen Lebewesen unterscheidet" (Wulf 2004, S. 210; Herv. i. O.), und ist spätestens seit Aristoteles[22] ein gewichtiger Faktor in der Diskussion um anthropologische Differenzkriterien.[23] Auch Kári Driscoll merkt an, dass "die Sprache (logos) seit jeher als differentia specifica zwischen Mensch und Tier betrachtet wird" (Driscoll 2013, S. 25; Herv. i. O.).

Hier zeichnet sich bereits ab, dass in den Lurchi-Geschichten scheinbar die "Grenzen zwischen Körper und Sprache, menschlich und nicht-menschlich" (Thermann 2010, S. 160) nivelliert werden. "Während in den meisten Tiercomics Menschen selten oder nur als höhergestellte Wesen auftauchen, werden sie hier mit den Tieren auf eine Ebene gestellt." (Semel 1998, S. 22) Sollte der Ausgestaltung der Mensch-Tier-Verhältnisse in den Abenteuern Lurchis also tatsächlich ein globales Konzept zugrunde liegen, so könnte dieses vielleicht mit den Worten Michel de Montaignes beschrieben werden:

All dies sage ich, um die Ähnlichkeit der menschlichen Dinge mit denen der anderen Lebewesen zu betonen und uns in deren große Gemeinschaft zurückzuführen. Wir stehen weder höher noch tiefer als die übrigen Geschöpfe: Alles, was unter dem Himmel ist, sagt der Weise, folgt einerlei Gesetz und Los. (Montaigne 1998, S. 227)

In den grünen Heften um den sprachbegabten Salamander liegt allerdings kein binäres Schema à la 'Tier' vs. 'Mensch' vor. Es lässt sich vielmehr feiner differenzieren, denn in "Lurchis Abenteuern kommen Tiere in unterschiedlichen Stufen der Vermenschlichung vor, und Schubel, der den Lurchikosmos in den 50er Jahren schuf, ging virtuos damit um und veränderte die Verhältnisse von Heft zu Heft nach Bedarf." (Doblies 2010t) Doblies erkennt eine Dreiteilung auf Ebene der Funktionalisierung. Demnach können Tiere bei Lurchi "als natürliches Tier, als Ersatz für ein anderes Tier und vermenschlicht" (Doblies 2010j) auftreten. Die 'echten' Menschen der Diegese wären also als zusätzliche vierte Instanz zu verstehen. Dieses Schema, in welchem Vermenschlichung auch noch als Kontinuum zu verstehen ist,[24] sorgt beispielsweise für eine Inkonsistenz der Größenverhältnisse. So begegnen Lurchi in Heft 39/40

in Australien […] Kaninchen. Es sind 'richtige' Kaninchen, keine vermenschlichten. Was […] kurioserweise dazu führt, dass sie kleiner sind als der Feuersalamander. Lurchi ist eben – auch in der Größe – vermenschlicht. Kurz darauf nimmt Lurchi aber Platz in einem Pelikanschnabel. Die natürlichen Größenverhältnisse, dass Lurchi das kleinere Tier ist, werden hier wieder etwas gerade gerückt. (Doblies 2010t)

Abb. 12: Lurchi aus Perspektive der Human-Animal Studies (L2, S. 147f.; L3, S. 86) Abb. 12: Lurchi aus Perspektive der Human-Animal Studies (L2, S. 147f.; L3, S. 86)

Doblies äußert die Vermutung, dass Schubels Tierdarstellungen einem Muster folgen: "Ausschlaggebend war vermutlich die Größe. Kleintiere wie Maulwürfe, Hamster und Mäuse wurden vermenschlicht, große Tiere dagegen wurden davon ausgeschlossen." (Doblies 2010t) Seine eigenen Hefte gestaltet Doblies diesbezüglich allerdings etwas freier: "Geier, Nilpferd, Krokodil … kein Tier ist zu groß, um in vermenschlichter Natur Lurchi und seinen Freunden gegenüberzutreten" (Doblies 2010t).

Angesichts dieser Befunde drängt sich abschließend die Frage auf, ob die Mensch-Tier-Verhältnisse in den Lurchi-Abenteuern einem übergeordneten Konzept folgen oder lediglich als 'Zufallsprodukte' klassifiziert werden müssen. Will man für ein intendiert-konzeptionelles (und damit aus Perspektive der HAS eher progressives) Vorgehen der 'Grenzverwischung' plädieren, lassen sich mit Markus Wild geeignete Worte finden:

Indem man davon ausgeht, daß auch Tiere in gewisser Weise über alle die Merkmale verfügen, an denen die anthropologische Differenz festgemacht wird, positioniert man den Menschen möglichst nahe beim Tier. […] Ein Tieren und Menschen gemeinsames Geflecht von Fähigkeiten kann identifiziert werden, so daß sich Mensch und Tier lediglich graduell unterscheiden. (Wild 2009, S. 142)

Möchte man an der Zufall-These festhalten, lässt sich wohl am passendsten der berühmt-berüchtigte Schwärmer zitieren, um die Erkenntnisse aus Human-Animal-Sicht auf Lurchi und seine Gesellen pointiert zum Abschluss zu bringen: "’ne Herde Rehkitze von Wölfen. So, jetzt ham wer’s." (WDR 2016)

Letztlich gilt bei allen Fragen, die Mensch-Tier-Verhältnisse betreffen, ausnahmslos immer:

"[W]as vom Menschen in den wenigen tausend Jahren menschlicher Kulturgeschichte über die Natur – oder etwas philosophischer: über das Wesen – des Tieres gedacht und verbreitet worden ist (und es ist nicht wenig), hat wohl wenig Endgültiges über das Tier ausgesagt, hingegen viel über den Menschen selbst." (Jauch 2004, S. 238)

Die HAS reihen sich somit auch in "eine Allianz von Naturschutz, Tierschutz, Feminismus" ein. "Von den Gender Studies hat man sich abgeschaut, nicht einen fixen Gegenstand, sondern eine Grenzlinie, die zwischen Mensch und Tier, sozialkonstruktivistisch in den Blick zu nehmen. Diese Grenze […] ist gemacht und nicht naturgegeben." (Thiel 2011)

9 Gender Studies

Das Abenteuersextett um den Feuersalamander aus einer dezidiert gendertheoretischen Perspektive unter die Lupe zu nehmen mag sich bei Lektüre der Lurchi-Abenteuer zwar nicht unmittelbar aufdrängen, lohnt aber kursorisch angesichts der Aktualität des Themas 'Gender-Marketing' sowie der rein männlich konzipierten Lurchtruppe (vertreten durch Lurchi selbst, Unkerich, Hopps, Mäusepiep, Piping und Igelmann) dennoch.

Nach den Grundannahmen der Gender Studies können Texte, aber auch visuelle oder akustische Medien und Text-Bild-Kombinationen, als

'Spiegel' vorhandener Ordnungen aufgefasst werden, allen voran der patriarchalischen Ordnung und der sie bedingenden Machtverhältnisse. Ordnungen und Machtverhältnisse werden in der fiktiven Welt des Textes demnach einfach reproduziert, teilweise aber auch kritisiert (Köppe/Winko 2013, S. 207).

In Lurchis Fall müssen diesbezüglich die Entstehungs- und Blütezeit der Salamanderhefte respektive die hinsichtlich Gleichberechtigungsfragen unaufgeklärten/unreflektierten Gesellschaftsstrukturen der 50er- und 60er-Jahre berücksichtigt werden. 1995 war laut Dietwald Doblies "von Salamander geplant, ein Froschmädchen in den Freundeskreis zu integrieren. Ein Gedanke, der dann doch nicht verwirklicht wurde,[25] da Hopps und dieses Mädchen zwangsläufig ein Paar innerhalb der Gruppe abgegeben hätten, eine Gruppe in der Gruppe." (Doblies 2010e) Offensichtlich scheinen also primär werbestrategische Argumente gegen eine 'gleichberechtigendere' Änderung der Gruppendynamik durch Vermischung der Geschlechter gesprochen zu haben, was sich auch mit dem generellen Befund deckt, dass sich die Abenteuer Lurchis in erster Linie durch oberflächlichen (respektive kindgerechten) Infotainment-Charakter auszeichnen und der Unterhaltungs- und Werbewert politische und gesellschaftskritische Aspekte meist überdeckt.

Auch wenn Lurchis Abenteuer, wie erwähnt, in genderspezifischer Hinsicht eher durch ihre Unauffälligkeit auffallen, muss zumindest dessen kleine Schwester Trine erwähnt werden. Erkennbar mit rotem Rock (anfangs sogar noch mit farblich passender Schleife um den Schwanz) als 'Mädchen' markiert, trifft Trine bei ihren seltenen Auftritten die volle patriarchale Härte der 50er- und 60er-Jahre: "Beim Indianerspiel in der Folge 36 im Jahr 1966 wird Trine als Squaw zugelassen. Allerdings ist ihr Platz an der Feuerstelle. Von dort weg kidnappt sie ein Fuchs, damit sie an seinem Herd für seinen Magen arbeitet. Selbstverständlich wird sie von den 'Männern' gerettet." (Doblies 2010n) Unter einem ähnlichen Stern steht auch ein späteres Erscheinen Trines: In "Folge 48 (1970), in der sie – zurückgekehrt zum klassisch roten Rock und von den 68ern ganz unberührt – den Freunden die Wäsche macht." (Doblies 2010n) Angesichts dieses Befundes kann wohl nur konstatiert werden: "Vor vierzig Jahren war die Bundesrepublik noch finsterste Comic-Provinz. Den Ton gaben Figuren an wie Mecki, Lurchi und Fix und Foxi, die moralisch wie ästhetisch im Biedermeier verwurzelt waren" (Modern Graphics). Bezüglich der moralischen Komponente und angesichts der unkritisch-patriarchalen Gesellschaftsordnung besagten Zeitraums ist dem sicherlich zuzustimmen.

Abb. 13: Ein Blick durch die Gender-Brille auf Lurchis Schwester Trine (L1, S. 53; L3, S. 93) Abb. 13: Ein Blick durch die Gender-Brille auf Lurchis Schwester Trine (L1, S. 53; L3, S. 93)

Schwenkt man den Blick auf Trines Bruder, lässt sich dieser charakterisieren als "ein Heranwachsender mit Eltern im gesetzten Alter" (Granacher 1994a, S. 123), "der von seinem Entwicklungsstand kurz vor der Pubertät anzusiedeln ist" (Rheingold 2007). Ein Verzicht auf die Thematisierung von Sexualität und Geschlechterfragen scheint also auch abseits von zielgruppenspezifischen Erwägungen naheliegend.

Einen anderen Standpunkt scheint Matthias Brendel zu vertreten, der in seinem Lurchi-Lexikon von A bis Z unter dem Lemma 'Porno' mit dem Zeichner bzw. der Zeichnerin der Folge 56 abrechnet:

Der sowohl unbekannte als auch unbegabte Zeichner der Folge 56 […], ein kaum gezügelter Sexist, versteift sich vornehmlich auf die Darstellung verschiedener Analverkehrspositionen. Angetan hat es dem Künstler (angeblich hauptberuflich Architekt) dabei die füllige Gestalt des Unkerich. (Brendel 1994b, S. 118)

In der Tat findet sich die Rückansicht der Figuren erstaunlich häufig und auch die Blickregie apostrophiert die Figurenhintern. Allerdings lässt sich auch subversiv argumentieren: Gerade nicht im Sinne eines heteronormativen 'männlichen Blicks' wird geschaut! Trines Gesäß ist nämlich im Gegensatz zu den männlichen Pendants weitaus weniger sexualisiert, wohingegen Brendel sich nicht – man darf trotz der satirischen Ausrichtung sagen: – entblödet, in besagtem Lexikon "Nixen, Elfen, Prinzessinnen, Geishas usw." unter dem Eintrag "Weiber" (Brendel 1994b, S. 119) zu subsumieren. Da der Zeichner des Heftes 56 nach wie vor Spekulation ist, und neben dem ominösen Architekten auch ein unbekannter Lehrer (vgl. Granacher 1994a, S. 133), ein namenloser Arzt sowie Ulrike Tietsch zum Kreis der Verdächtigen gehören (vgl. Lurchi online b; Heft 56), sollte man die von Brendel kritisierten Darstellungen allerdings im Bewusstsein behalten – nur falls sich eines Tages das biologische Geschlecht des vermeintlichen Sexisten tatsächlich als weiblich herausstellt. Bezüglich der bildlichen 'Fixierung auf Analverkehr' muss man allerdings zugestehen: In der Tat verhält es sich bei Feuersalamandern derart, dass "[p]aarungswillige Männchen […] zunächst jeden sich bewegenden Salamander" (Greven 1994, S. 151) verfolgen.

In den gleichen gendertheoretischen Diskurs lässt sich die von Walter Grasskamp erwähnte "Sage, es gebe aus der Hand des Lurchi-Erfinders auch einen firmenintern berüchtigten Porno mit dem Personal der Heftreihe" (Grasskamp 2000, S. 112), einreihen. Vermutlich ist damit das 1998 erschienene 'inoffizielle' Heft Lurchland Memories gemeint, welches inhaltlich wie visuell tatsächlich eher adulte und äußerst gewalttätige Pfade einschlägt: "Lurchis Schwester Trine wird von ihrem Ehemann misshandelt, der offenbar ihr Kind für Baby-Pornos missbrauchen will; sie ruft Lurchi zu Hilfe, der samt Hopps und Unkerich schwerbewaffnet kommt, um blutige Rache zu nehmen." (Granacher 2002)

Abb. 14: Lurchi für Erwachsene: Sex'n'Crime in Lurchland Memories (Granacher 2002)Abb. 14: Lurchi für Erwachsene: Sex'n'Crime in Lurchland Memories (Granacher 2002)

Den Abenteuern Lurchis scheint also durchaus das Potential innezuwohnen, einige Leser auf entsprechende Art 'anzuregen'. Ob dem Lurch damit aber auch das Potential für gendertheoretische Umwälzungen eigen ist, bleibt fraglich, doch immerhin gilt: "Innerhalb der Schwanzlurche pflanzt sich der Feuersalamander auf eine ganz ungewöhnliche und einzigartige Weise fort." (Greven 1994, S. 151)

Eine weitere Parallele zwischen Fiktion und Realität betrifft einen räumlichen Aspekt: So wie Lurchi (ob als 'Leerstelle' zwischen den erscheinenden Heften oder tatsächlich am Ende der Geschichte) nach erfolgreichem Abschluss seiner Abenteuer stets nach Hause zurückkehrt, ist auch bei realweltlichen Feuersalamandern "die Laichplatztreue der Weibchen […] bemerkenswert. Das gleiche gilt auch für die Winterquartiere" (Greven 1994, S. 152). Wohlgemerkt: der Weibchen.

Genauso wie Lurche also offensichtlich in gewisser Weise Gewohnheitstiere sind, sind es Werbepublika auch: Was man kennt, ist per se schon einmal etwas besser als das, was man noch nicht kennt. Verschiedentlich sind nun bereits Wiedererkennungseffekte für Lurchis Abenteuer beschrieben worden, jetzt wendet sich der Artikel einer – oder besser, betrachtet man den gesamten Lebensweg des achtzigjährigen Bilderbuchhelden, – der langjährigen Konstituente der Lurchi-Hefte zu: dem Reim.

10 Lyrikanalyse

Für viele Rezipienten gehört der Reim zu Lurchi wie der Tirolerhut, war doch bereits eine 1909 erschienene Werbeanzeige "mit gereimten Untertiteln verbunden" (Böhm 1984, S. 4; vgl. Granacher 2004e) und die zur Einleitung der Schlusssequenz eingesetzte, den Paarreim komplettierende Verszeile in Form des chorischen Ausrufs "Salamander lebe hoch!" schlicht und ergreifend das Alleinstellungsmerkmal ('USP'; vgl. Kienel 2012, S. 48). Aber obgleich beide (Reim und Hut) im Rahmen der 'Häutungen' verschiedentlich verlustig gegangen waren, gilt in der Rezeptionsgeschichte für gewöhnlich der bereits mehrfach angerissene Relaunch von 2000 als eigentlicher Stein des Anstoßes: Reim weg, Hut weg.[26] Dass sowohl dieser bereits in der "LSD-Phase" (Brendel 1994a, S. 114) von Brigitte Smith einmal der Antibürgerlichkeit geopfert worden war (vgl. ebd.) als auch jener durch Smith in Form des Paarreims à la Wilhelm Busch zugunsten der "neo-romantischen AB/AB Klemm-Konstruktion" (ebd.) verworfen worden war, muss bei der Lyrikanalyse vergegenwärtigt werden.

Da viele verschiedene Texter die Verse beigesteuert haben, lässt sich nur eine kursorische Betrachtung der sprachlichen Verpackung von Lurchis Abenteuern gewährleisten. Ca. 82 % der Hefte (Stand August 2017: 129 von 158) sind gereimt und erinnern in ihrer alternierenden Vierhebigkeit (wahlweise jambisch oder trochäisch; vgl. auch Rüster 2009, S. 150) einmal mehr an Wilhelm Busch. Aber auch diejenigen ab 2000 erschienenen sind häufig rhythmisiert und – zumindest auf den ersten Blick – in vierspaltiger Versform verfasst, wobei man sich gelegentlich an 'traditionellen' Versfüßen orientiert. "Sonst gibt es am Ende noch Rührei" (L8, S. 13; Herv. v. Verf.) – diese sonst weitgehend prosaische Konjektur gewinnt durch die Daktylen mit Auftakt an Nähe zur Versform. Dass der Reim nur fakultatives, nicht obligatorisches Definiens für das Vorliegen von Lyrik ist, heißt nicht, dass die bislang vorliegenden Untersuchungen zur Sprachgestaltung bei Lurchi nicht exakt dort einen Anker gesetzt hätten.

Laut Granacher kennzeichne "der vierfüßige Trochäus im Stil Buschs – mit dieser bestimmten Ungereimtheit und Aussageraffung" Schubels Stil (Granacher 1994b, S. 130f.). Als Beispiel nennt er die Verse: "Wie doch solch ein hohler Zahn / gleich die Welt verändern kann", die allerdings von Kühlewein und nicht von Schubel stammen (vgl. Mini-Forschungsstand).

Abb. 15: Kühleweins philosophische Trochäen (L1, S. 142)Abb. 15: Kühleweins philosophische Trochäen (L1, S. 142)

Obwohl sich die Einschätzungen von Granacher (1994b) und Brendel (1994b) prinzipiell unterschiedlicher kaum lesen ließen, sind sie sich doch in der Auswahl just dieses Verspaares einig (und auch in der fehlerhaften Zuschreibung an Schubel). Brendel nennt Schubel/Kühlewein nicht Texter, sondern "Dichter" und bescheinigt ihm – neben "unübertroffener Eleganz" und "lakonische[m] Humor" – bezogen auf die in Rede stehenden Verse sogar "philosophische Exkursionen". (Brendel 1994b, S. 114) Laut Brendel (ebd., S. 119) ist in Lurchis Abenteuern ferner das kurze Sinngedicht (Xenion) "zur Vollendung ausgebildet. Beispiel: 'Ja, bei solchen frechen Dachsen / gibt es keine langen Faxen!' (I, 154 [L1, S. 171]), oder auch: 'Sehr gefährlich ist das Reisen / wenn im Flusse Strudel kreisen' (II, 86 [L2, S. 100])."

Nun lässt sich nicht in Abrede stellen, dass die Versschmiedekunst Kühleweins derjenigen seiner Nachfolger überlegen gewesen ist. Selbst Schubel, der ab Heft 30 (L2, S. 25ff.) auch das Texten übernimmt, reicht nicht an ihn heran:

In der Atmosphäre der Lurchi-Erlebnisse macht sich dieser Wechsel durchaus bemerkbar. So herausragend Schubels Fähigkeiten als Zeichner und graphischer Erzähler sind, die von ihm selbst erdachten Geschichten gehören doch nicht zu den interessantesten der Reihe. Wer sich oder andere fragt, welche Hefte den stärksten Eindruck hinterlassen haben, wird regelmäßig auf die von Kühlewein getexteten Nummern 1 bis 29 stoßen. (Granacher 2005b)

Nicht zuletzt deshalb wird hier hinsichtlich der hohen Messlatte ein Fokus auf diese Ära gelegt. Zur kontrastierenden Illustration der stilistischen Differenz zunächst eine kurze Passage aus Dietwald Doblies’ letzter gereimter Geschichte Die Seeschlange:

Lurchi und der Freunde Schar
fahr’n im Eismeer wunderbar.
Schollen treiben, eins, zwei, drei
an dem Segelschiff vorbei,
Pinguine, schwarzbefrackt,
winken ihnen fast im Takt. (L7, S. 124)

Lyrische Analyse darf natürlich nicht in Geschmacksurteilen enden, aber die Frage, ob die Pinguine ihre Winkintervalle gegebenenfalls aus alternierenden Gründen vorgenommen haben könnten, muss gestattet sein. Eine Stiletage obendrüber gab es unter Kühleweins Federstrich etwa diese Verse zu lesen:

"Hinauf! Hinauf! Die Erde flieht!
Kein Wunder, daß es mächtig zieht." (Heft 12; L1, S. 70)

 

Abb. 16: Schillers Jungfrau zu Gast bei Lurchi (L1, S. 70)Abb. 16: Schillers Jungfrau zu Gast bei Lurchi (L1, S. 70)

Kühlewein spielt hier unverkennbar auf Schiller an:

"Hinauf – hinauf – Die Erde flieht zurück –
Kurz ist der Schmerz und ewig ist die Freude!"

Es handelt sich um die letzten Worte Johannas – und des ganzen Dramas: In Schillers Jungfrau von Orleans (5. Akt, 14. Auftritt) stirbt diese und beschließt damit die Tragödie. Granacher testiert Kühleweins Versen, sie würden "das Grandiose durch eine triviale Nebeneinsicht karikieren und relativieren" und seien zugleich "auf eine trockene und lakonische Weise heiter. Und sie bergen in epigrammartiger Kürze gesellschaftliche Erfahrungen der Zeit" (Granacher 1994a, S. 123).

Nun könnte man zunächst vermuten, dass die 1906 und 1915 geborenen Schubel und Kühlewein 'ihren' Schiller freilich gekannt und hier lediglich eine amüsante Doppelbödigkeit eingezogen haben; allerdings ist die Parallele zum Prätext weitaus kunstvoller:

Denn während Johanna laut Nebentext 'aufrecht steht', lokalisiert sie sich in ihrer Selbstbeschreibung im Himmel, und während sie sich im Himmel wähnt, sinkt sie laut Nebentext tot danieder. Aktion und Rede stimmen also gerade nicht überein, zunächst überhöht – im wörtlichen Sinne: transzendiert – die Rede die Aktion, um schließlich in ihr Gegenteil umzuschlagen. (Tonger-Erk 2016, S. 95.; Herv. i. O.)

In der comicnahen Bildergeschichte sind es die Zeichenebenen 'Bild' und 'Text', die nicht übereinstimmen; die – um mit Hartmut Stöckl zu sprechen – multimodal divergieren: die "Zeichenmodalitäten kreieren auseinander laufende Lesarten" (Stöckl 2006, S. 28). Nicht der drohende Kälte-Tod durch Erfrieren, der auf der bildlichen Ebene lesbar wäre – lässt man den qua Helden-Rolle immer optimistischen Lurchi einmal außer Acht –, sondern das Gegenteil ist der Fall: Rettung vor dem herannahendem Tod auf der Textebene. Da diese bei Bildergeschichten immer den dominanten Status innehat, zumal es sich hier eben nicht um Figuren-, sondern um Erzählerrede handelt, doppelt die Passage die Ambivalenz von Schillers Jungfrau. Mit diesem Verweisspiel, das die bloße Güte des lyrischen Textes auf eine andere Ebene hebt, ist die Grenze zur Transtextualität überschritten.

11 Transtextualität

Mit dem Terminus 'Transtextualität' lassen sich mit Gérard Genette verschiedene Textverfahren beschreiben, denen allen gemeinsam ist, über den vorliegenden Text hinaus auf andere Texte zu verweisen. Sie alle finden sich auf verschiedenen Ebenen auch im Medienverbund 'Lurchi' wieder (vgl. Medienverbund und Merchandise): mehr oder weniger markiert, auf mehr oder weniger prominente Vorbilder anspielend, aber stets mehrfachadressierend:

Da kindliche Leser angepeilt werden, sind Anleihen bei deren Lesestoffen selbstverständlich: wir begegnen also Zwerg und König als bekannten Gestalten des Märchens, offenen und versteckten Märchenmotiven wie der Loreley auf ihrem Rheinfelsen, den Siebenmeilenstiefeln und der Verbrennung der Hexe im Backofen […], aber auch schon allen möglichen Übernahmen aus der Ab[en]teuerliteratur der späteren Lesejahre mit ihrem Rekurs auf die Ritter- bzw. Raubritterwelt des Mittelalters […]. Wer aber die Augen und Ohren richtig aufsperrte, mochte wohl auch schon mal mit einer Verszeile wie 'viel goldene Schätze zeig ich dir' auf eine Anleihe bei unseren deutschen Klassikern stoßen, die doch eigentlich den Erwachsenen vorbehalten waren. (Riha 1994, S. 6)

Ein bereits von Dietwald Doblies herausgearbeitetes Beispiel für Intertextualität, die bekannteste Genett'sche Kategorie der Transtextualität, betrifft die Folge Hokuspokus (Heft 32; L2, 121–127), die

Anleihen [macht] bei einem Klassiker der Weltliteratur, bei Homers Odyssee. Die Zauberin Kirke verwandelt die Gefährten des Odysseus in Schweine. Hier ist allerdings Archibalds Zauberei für die Verwandlung von Lurchis Freunden verantwortlich. […] Märchenthemen kommen in den späten Schubelheften oft vor, diese Folge ist jedoch für ein Lurchiheft ganz ungewöhnlich und fast surreal gestaltet: […] Über eine Regenbogenbrücke (nach den griechischen Sagen nun auch noch die nordischen: die Regenbogenbrücke Bifröst) geht es hinein in Archibalds Wolkenschloss. […] Archibald verzaubert sie in Raben. Vielleicht eine Anleihe bei einem anderen Stück Weltliteratur: Grimms Märchen Die sieben Raben. (Doblies 2010j; Herv. i. O.)

Abb. 17: Transtextuelles Märchenpotpourri (L2, S. 124f.)Abb. 17: Transtextuelles Märchenpotpourri (L2, S. 124f.)

Kann sich der kindliche Rezipient – je nach Vorwissen – einfach in den Genuss des märchenmixenden Potpourris begeben,[27] so kann die Auseinandersetzung etwa beim Vorlesen darüber hinausgehen und Anschlusskommunikationen zeitigen. Für die Sieben Raben ließe sich konkret – für das anvisierte KJM-Publikum – an die Unterschiede in der Rabengestaltung denken, die bei Schubel weitaus eher wie Raben als im Grimm'schen Märchen agieren, wo sie wie Menschen von Tellern und aus Bechern essen und trinken, wohingegen sie bei Lurchi nach dem in einen Wurm verwandelten Zauberer Archibald picken (vgl. Human-Animal). Hingegen erschließen sich auch für den an Intertextualität interessierten Leser des Erwachsenenpublikums auf grafischer Ebene erhellende Bezüge: In Sachen Bildkomposition/Anordnung der Raben (L2, S. 125, Panel 2) könnte man annehmen, Schubel habe Anleihen etwa bei Arthur Rackham gemacht – der seinerseits die Sieben Raben der Grimms illustriert hatte (vgl. Lippert 2017).

Abb. 18: Schubels und Rackhams Raben (L2, S. 125; Lippert 2017)Abb. 18: Schubels und Rackhams Raben (L2, S. 125; Lippert 2017)

Neben der Intertextualität im engeren (und weiteren) Sinne ist die Paratextualität hervorzuheben, deren wissenschaftliche Untersuchungsobjekte all das umfassen, was den 'eigentlichen' Text umgibt. Untersuchungswürdig in den Lurchi-Heften und -Sammelbänden wären etwa Aspekte wie die Schriftarten (siehe etwa Granacher 1994a), die Umschlaggestaltung (Lurchi-Konterfeis, Titelvariationen, Abbildungen auf der Rückseite etc.), Funktion der Vorworte der Neuauflagen und Ähnliches. Hinsichtlich der Metatextualität ist vor allen Dingen die Auseinandersetzung mit der bisherigen Sekundärliteratur relevant, zumal bei Lurchi ein reges Wechselspiel von 'außeruniversitärer' und im engeren Sinne wissenschaftlicher Forschung zu beobachten ist (vgl. Mini-Forschungsstand). Auch die Kommentare der Zeichner bspw., die letztlich produktionsästhetisch ihr eigenes Schaffen reflektieren, sowie die Sammlerdiskurse haben unter dieser Form der Transtextualität ihren Ort. Mit Architextualität sind all jene Fragen umrissen, die sich Genreschnittflächen mit anderen Bildergeschichten zuwenden, bzw. die Form der vorliegenden Hefte und Bände in Bezug auf andere existierenden Gestaltungsformen beleuchten und beispielsweise auch die 'Sandwichposition' von Lurchis Abenteuern zwischen Bildergeschichte und Comic betreffen (vgl. Comictheorie und -praxis). Wie bereits angemerkt (vgl. Inhalt/Handlung[sschemata]) existiert der 'Lurchi'-Medienverbund nicht im luftleeren Raum, sondern bezieht sich unvermeidlich auf bereits existierende Artefakte: "Es wird mit unverwüstlichen Erzählmustern des Kunstmärchens und des Abenteuerromans jongliert." (Granacher 1994a, S. 127) Mit Hypertextualität ist schließlich eine Spielart umschrieben, die das Verhältnis von Hypotext und Hypertext auslotet. Eine Möglichkeit der Bezugnahme ist die Parodie. Bei ihr wird – wie etwa im Schiller-Beispiel (vgl. Lyrikanalyse) – der Hypotext quasi wörtlich übernommen, wohingegen der Gegenstand im spielerischen Hypertext verschoben (und genaugenommen auch banalisiert) wird. Unter 'ernste Hypertexte' fällt hingegen die Nachbildung, vulgo: das Plagiat. Auch davon ist Lurchis Abenteuern bisweilen eine feine Prise beigegeben – in diesem Fall übrigens in beide Richtungen: Auf der einen Seite ist in der Folge 131 Lurchi und die falschen Weihnachtsmänner (L8, S. 27–33) die "Geschichte dieses Heftes […] schamlos von einer Donald-Duck-Episode des Zeichners Carl Barks abgekupfert. Freundlicher könnte man auch von einer Hommage an den großen 'Duck Man' sprechen." (Granacher 2005d) Auf der anderen Seite ahmen die Asterix-Hefte als 'ernste Hypertexte' ohne Kenntlichmachung den Hypotext Lurchis Abenteuer in Form der geschichtenbeendenden Gelage nach (vgl. Böhm 1983, S. 45). Ob in beiden Fällen eine wie auch immer geartete Markierung tatsächlich vorliegt, ist letztlich nur in Ansehung des real-existierenden Rezipienten möglich und auch nur juristisch relevant – der transtextuelle Verweis ist in beiden Fällen fraglos vorhanden.

Lurchi strahlt weit auf die Medienlandschaft aus: Neben den in der Einleitung und im Artikel bereits angeführten Beispielen (Stromberg [28] etc.) ziert er etwa auch das Cover von Elke Heidenreichs Kurzgeschichtensammlung Alles kein Zufall (2016), in welchem ihm sogar eine eigene erzählerische 'Liebesbekundung' gewidmet wird (vgl. Heidenreich 2016, S. 100).

So wie sich Lurchi-Hefte auf sie umgebende Texte beziehen und umgekehrt, so beziehen sich auch die einzelnen Bestandteile des Medienverbundes 'Lurchi' aufeinander – wie auch der gesamte Verbund auf die Merchandise-Maschinerie.

12 Medienverbund und Merchandise

Die Wirkmächtigkeit der Hefte und Bände ist hinsichtlich des in den Köpfen der Leserinnen und Leser bestehenden Lurchi-Bildes ungleich höher als diejenige des übrigen Merchandise-Portfolios. Dennoch gibt es ein enges Geflecht an den Medienverbund erst zu einem solchen werden lassenden Sammelfiguren, Hörmedien (Hörbücher mit der Vertonung der Originalgeschichten sowie Hörspielbearbeitungen auf Schallfolie, LP, Kassette, CD), Malheften und vielen weiteren Mosaiksteinchen, die der Logik einer multimedialen Marketingstrategie gehorchen. Bereits in den mittleren 1950er-Jahren beginnt die Produktion der mannigfaltigen Werbeprodukte (vgl. Granacher 1994c, S. 139) und genaugenommen müssen selbst die Sammelbände, die seit November 1960 wieder und wieder aufgelegt worden sind, vom Konzept her der Popularisierung und Zweitverwertung zugerechnet werden (vgl. KJL/KJM für die geänderte Reihung der Hefte, die selektive Auswahl etc.). Die materialreichste Aufstellung von medienübergreifendem Merchandise hat René Granacher 1994c geleistet und wenigstens die übergeordneten Kategorien derselben sollen hier Erwähnung finden:

"Postkarten und Briefbögen" stehen neben "Schallplatten und Kassetten" (Granacher 1994c, S. 139), "Spiele" (auch BTX) und "Malbücher" (ebd., S. 140) unterschiedlichster Couleur werden von "Aufklebern", "Gummibällen", einem "Jahreskalender", "Adventskalender[n]", "Stofftaschentücher[n]" und "noch weit mehr Dekorations-, Ausstattungs- und Geschenkmaterial" abgerundet (ebd., S. 141f.).

Dabei blieb es den einzelnen Salamander-Verkaufsstellen überlassen, in bestimmter Form Motive auszubauen, sie in Wandfiguren zu überführen oder sie auf eine Kinder-Eckbank zu applizieren. Und genau deswegen ist eine Gesamterfassung allen Lurchi-Werbematerials unmöglich. (Ebd., S. 142)

Dass es in der Tat des Muts zur Lücke bedarf, zeigt ein Blick in alternative Aufstellungen, wie sie etwa Böhm (1984, S. 9f.) angefertigt hat und welche dem Portfolio etwa noch Luftballons und "Lurchis Puzzle" hinzufügt, und auch neuere Bestandsaufnahmen lassen die notwendige Offenheit der Listenbestrebungen erkennen, wenn bspw. Doblies mit 3-D-Animationen Lurchis aufwartet (vgl. Doblies 2010o).

Die oben getätigte Aussage, die Hefte und Bände seien hinsichtlich des Lurchi-Bildes das 'Nonplusultra', muss hinsichtlich zweier Aspekte relativiert werden: Zum einen entspricht mitunter der Zeichenstil der auf den Markt geworfenen 'Nebenprodukte' dem jeweiligen der zeitgenössischen Hefte, sodass es Wechselwirkungen und Überlappungen gibt, wenn z.B. Heinz Schubel vermutlich auch für die Postkarten-Serie der 1950er-Jahre den Pinsel in die Hand genommen hat (vgl. Böhm 1984, S. 10). Zum anderen prägen die unzähligen Sammelfiguren als (Kunst-)Stoff gewordene Repräsentanten des Lurchi-Kosmos die rezipientenseitige Wahrnehmung des Sechsgestirns maßgeblich.

Granacher (2004c) listet insgesamt 20 (!) Serien von Puppen und Figuren – von Papp- und Biege- über Quietsch- und Hartplastik- hin zu Glücks- und Schaufensterfiguren –; auch ein Steiff-Stofftier ist darunter. Man darf annehmen, dass neben des nicht in Abrede zu stellenden Sammeldrangs von Kindern – wohl die primär avisierte Klientel – auch mit Blick auf die den Kinderschuhen entwachsenen Sammler durchaus Kalkül hinter der immens breiten Produktdecke steckt.

Einerseits scheint lediglich eine große Werbemaschinerie hinter der Vielfalt zu stehen (vgl. Kienel 2012, S. 20ff.), die einer Dialektik aus bereits bestehender Bekanntheit als Verkaufsargument[29] und Product Placement zur Steigerung von Markenakzeptanz und Sympathiegenerierung[30] folgend dem kommerzialisierten Lurchi Kontur gibt. Allerdings ist diese "milde[] und erlaubte[] Form der Schleichwerbung" (ebd.) letztlich nur die erfolgreiche Fortsetzung eines "Druckprodukt[s]", "das von vornherein für die Werbung konzipiert wurde und erst über sie zum beliebten Lesestoff unter Kindern avancierte" (Riha 1994, S. 5).

Andererseits spricht einiges dafür, dass auch ein genuin auf monetär erdachten Füßen stehender Held den Kinderkopf zu stimulieren weiß: Anleihen bei Klassikern, die prinzipielle Mehrfachadressierung nicht zuletzt qua Transtextualität, die für opportun gehaltene Verwendung des "erste[n] LURCHI-Sammelband[s] sogar in Grundschulen als Lesebuch" (Rüster 2009, S. 154) und viele weitere Facetten werfen intellektuelle Pfunde in die Waagschale, die ein Gegengewicht zur bloßen Werbefigur bedeuten.

Es lässt sich zu guter Letzt in Form einer offenen Feststellung hinsichtlich der unauflöslichen Verfilzung von Infotainment und Anspruch – und wenn Werbung so etwas schafft, ist es die schlechteste nicht – mit Johannes Rüster festhalten:

Lurchi ist ein merkwürdiger, spannungsvoller Hybride zwischen Werbung und Unterhaltung, zwischen Nostalgie und Zeitgeist, zwischen didaktischem Wert und kommodifizierter Intention. (Ebd., S. 163) 

Endnoten

[1] Zunächst hatte Salamander noch gar keine Kinderschuhe im Programm: "Die eigentlichen Lurchi-Leser sollten [...] also nicht als Kunden in die Läden gelockt werden, vielmehr dienten die Hefte wohl dem Ruhigstellen des Nachwuchses, damit insbesondere die Mütter sich in Ruhe dem Schuhkauf widmen konnten" (Granacher 2004e).

[2] Vgl. für eine abweichende Zählung, nach der Lurchis "eigentliche Geburtsstunde [...] in das Jahr 1936" falle, Hars 2001, S. 188. Zur Lurchi-Entstehungsgeschichte vgl. auch Kräubig 1994.

[3] Zur Auflagenzahl vgl. Granacher 1994a oder Zips 2004. 

[4] Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang freilich, dass vorliegender Beitrag hauptsächlich auf die publizierten Veröffentlichungen abhebt und die im Hinterzimmer der Sammler bzw. in den 'echten' Archiven geführten Nachforschungen weder vollständig listen noch auch nur im Entferntesten würdigen kann. 

[5] Den Bezugspunkt liefert die von Esslinger seit 2009ff. herausgegebene Neuauflage der seit 1960 erscheinenden Sammelbände. (Bis heute [August 2017] sind acht Bände erschienen, die die Einzelhefte 1–145 abdecken. Soeben ist das 158. Heft In geheimer Mission herausgekommen, was das Veröffentlichen eines neunten Sammelbandes möglich, wenn nicht wahrscheinlich werden lässt). Das hat vier Gründe: Einen pragmatischen – die Titel sind ohne Weiteres zu beschaffen –, einen 'ganzheitlichen' – die Neuauflage nimmt auch in den älteren Auflagen nicht veröffentlichte Geschichten auf –, einen 'didaktischen' – die Rechtschreibung wurde angepasst – und einen materiellen – das verwendete Papier ist höherwertig und liefert besseres Bildmaterial. Im Folgenden wird direkt im Fließtext unter der Sigle 'L' mit Angabe der Bandnummer und der Seitenzahl ohne Ausweis des jeweiligen Heftes zitiert. Sowohl immer dann, wenn es um die Unterschiede zwischen den Auflagen geht, als auch dann, wenn es von Relevanz ist, welches Heft gemeint ist, wird dies explizit erwähnt. Vgl. zur (Publikations-)Geschichte der Sammelbände von Anbeginn an Granacher 2004b.

[6] Zu berücksichtigen ist dabei, dass der Entstehungs-Zeitkolorit auf die Handlungssparten abfärben kann: Die Fußball-WM 1955, die Hula-Hoop-Begeisterung 1958 sowie die Olympiade von 1972 sind allesamt zeitnah und im letzten Fall gar "bereits im Vorfeld" verarbeitet (Doblies 2010a) worden. In diesem Sinne handelt es sich um Geschichten "[a]m Puls der Zeit" (ebd.).

[7] Ausnahme: die kleinen Kontrapunkte in den außerhalb der Panels liegenden, in den Textteil implementierten 'Nebenzeichnungen'; vgl. dazu Riha 1994, S. 6.

[8] Böhm (1983, S. 43 u. 1984, S. 4) verzichtet also nicht ohne Grund darauf, Mäusepiep, Igel(mann) und Piping auch nur eine einzige Zeile mit Charaktereigenschaften zu widmen, obwohl der Platz durchaus vorhanden gewesen wäre. 

[9] Wobei diskutabel wäre, ob nicht Bildergeschichten, die Märchenanleihen machen, per se in dieses Schema passen. 

[10] Dass diese Tatsache auch den Herausgebern der Neuauflage bewusst ist, lässt sich zwischen den Zeilen sehr schön nachlesen, wenn als Tertium Comparationis aller Lurchi-Hefte plötzlich der Umschlagplatz herangezogen wird: "Dass neben dem inhaltlichen Wandel dennoch Kontinuität bei Lurchi eine zentrale Rolle spielt, zeigt sich ebenfalls bei den beliebten Heftchen: Bis heute erscheinen diese überall dort, wo es Lurchi-Schuhe gibt" (L6, S. 7).

[11] Im Entstehungskontext interessant: "Dass Heinz Schubel die Serie mit Heft 6 übernahm und erst später die ersten fünf Nummern nachzeichnete, macht sich auch beim Zeichenstil deutlich bemerkbar. So zeigt etwa das Heft 5 (Waldschule) einen deutlich reiferen Strich als Heft 6 (Feuerwehr)" (Granacher 2005b). 

[12] Für die aus heutiger Sicht wie aus einem Agententhriller stammenden Umstände, dass Kühlewein und Schubel sich absichtlich nie zu Gesicht bekommen sollten, vgl. Böhm 1984, S. 11; vgl. Granacher 2004a, S. 88.

[13] Georg Nickel fühlte sich womöglich zu Beginn noch überfordert, weshalb er "die ersten 3 Hefte an seinen Vater Friedrich Nickel zur Ausgestaltung weitergab" ([Lurchi] auf Wikipedia.de).

[14] Vgl. hierzu beispielsweise Kräubig 1994 und Doblies 2010b, c, g, i, r.

[15] 1994 nach Semel (1998), 1995 nach Doblies’ Selbstaussage sowie den neueren Aufstellungen.

[16] Eines der äußerst seltenen Panels, die das Geschehen in einem reinen Aggregatraum zeigen, der nicht "als Bedingung für Körper[] und Zwischenräume[] verstanden" (Schüwer 2008, S. 141) wird, sondern sich aus ebendiesen zusammensetzt, findet sich bei Lurchis 'Kampf' gegen den Bergschrat Riesenschreck (L3, S. 13, Panel 2): "Dank eines Zauberwassers lassen sie ihn implodieren, eine explosive Zeichnung von Schubel" (Doblies 2010q), und eines der wenigen Panels, in welchem kein Systemraum den Abenteurern zugrunde liegt.

[17] Vgl. zum abweichenden literaturwissenschaftlichen Konzept der 'Leerstelle' nach Wolfgang Iser z.B. dens. 1972, S. 317.

[18] Vgl. etwa Granacher 1994a für eine mit "2,75 Millionen" etwas bescheidenere Schätzung (ebd., S. 123).

[19] Nach Köppe/Kindt 2014 sind interne Aspekte solche, die die Ähnlichkeit von Figur und Mensch fokussieren, wohingegen externe Analyseverfahren auf die Funktion der Figur im narrativen Gefüge abheben.

[20] "Die Human-Animal Studies entwickelten sich im Laufe der letzten 25 Jahre ausgehend vom englischsprachigen Raum (Nordamerika, England, Australien, Neuseeland) und finden in den letzten Jahren vermehrt auch im deutschsprachigen Raum Beachtung" (Spannring et al. 2015, S. 15).

[21] Vgl. dazu beispielsweise Montaigne 1998, S. 225f.

[22] "Über die Sprache aber verfügt allein von den Lebewesen der Mensch" (Aristoteles 2015, S. 27).

[23] "Die anthropologische Differenz ist aus der philosophischen und wissenschaftlichen Diskussion der jüngsten Zeit – anders lautenden Stimmen zum Trotz – keineswegs verschwunden" (Wild 2009, S. 142).

[24] "Die Bösewichte in Folge 34 sind Ottern, die auf einem Floß angreifen. Während die Freunde durch Kleidung oder Kopfbedeckung immer stark vermenschlicht dargestellt werden, wird dies den Ottern verwehrt: Ihr Grad an Vermenschlichung ist deutlich geringer" (Doblies 2010p; Herv. i. O.).

[25] Ab Heft 146 hat die weibliche Verstärkung dann aber letztlich doch Einzug gehalten: "Die Fee Emily ist eine ganz neue Figur in den Lurchiheften. In Folge 146 ist sie zum erstenmal kurz zu sehen, in Folge 147 erscheint sie zunächst als Nebenfigur und wird am Schluss der Geschichte im Freundeskreis aufgenommen" (Doblies 2010e).

[26] Vgl. zu anderen, die Verse betreffenden Einschnitten (etwa die Änderung in der Groß-/Kleinschreibung am Versanfang) auch Granacher 1994a, S. 122.

[27] Der Zauberer Archibald spielt die Flöte, auf dass die in Ferkel verwandelten Gefährten "[g]anz behext und schier von Sinnen" "nach des Meisters Zauberweise" (L2, S. 123) im Kreis zu tanzen genötigt sind; ein Orient und Okzident verbindendes weiteres Märchenmotiv.

[28] In Staffel 3/Folge 4 (Der Protest) wird Bernd Stromberg von seinen Mitarbeitern während seines Kampfes für deren Interessen mit "Lurchi!-Lurchi!"-Rufen angefeuert.

[29] Etwa für die 2000 neu erschienenen, "enttäuschen[den]" Hörspieladaptionen mit "dünne[r] Geschichte", die wenig mit der sonstigen Figurencharakterisierung zu tun haben und Lurchi bisweilen gar zum "Laienprediger" deformieren (Granacher 2005d).

[30] Lurchi im Fernsehgarten, im Bussi Bär etc. (vgl. Granacher 2005d).

 

Literaturverzeichnis

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