Handlung

Die Nebel von Avalon erzählt die Geschichte von Artus und den Rittern der Tafelrunde aus der Perspektive Morgaines. Im Handlungsablauf folgt der Roman im Wesentlichen dem Vorbild von Sir Thomas Malorys Le Morthe D’Artuhr (1485), der für viele moderne Adaptionen des Artusstoffes eine Art "Standardversion" darstellt.

Die Handlung setzt ein, als die Protagonistin Morgaine noch ein Kind ist. Ihrer Mutter Igraine wird angekündigt, sie müsse mit dem zukünftigen Großkönig Uther Pendragon ein Kind zeugen, das für ganz Britannien von Bedeutung sein werde. Hinter diesem Plan steht Viviane, Igraines Schwester und Herrin von Avalon, die damit politische Ziele verfolgt: ein Sohn aus der Verbindung einer "Tochter Avalons" und des großen Feldherrn Uther soll der einzige sein, der Britannien einen und gegen Bedrohungen von außen verteidigen kann. Seine Mission ist allerdings nicht nur eine politische, sondern auch eine religiöse Einheit herzustellen.

Morgaine erlebt zwar noch die Geburt des Sohnes von Igraine und Uther, wird aber bald danach von Viviane nach Avalon geholt, um zur Priesterin ausgebildet zu werden. Artus’ und ihr Weg kreuzen sich erst wieder, als Morgaine auserwählt wird, an einem Initiationsritual für den zukünftigen Großkönig teilzunehmen, in dessen Zentrum eine rituelle sexuelle Handlung steht. Erst nach vollzogenem Akt erkennt sie ihren Halbbruder Artus und ist entsetzt über den Inzest. Als sie erfährt, dass sie von Artus schwanger ist und dass auch diese Verbindung von Viviane geplant gewesen war, flieht sie verzweifelt aus Avalon und findet zunächst am Hof ihrer Tante Morgause in Lothian, später dann am Artushof Zuflucht. Dort wird sie einerseits Zeugin des schwelenden Konflikts, der durch Lancelots und Gwenhwyfars unterdrückte Liebe ausgelöst wird, andererseits auch von Artus’ fortschreitender Abwendung von Avalon und seine Hinwendung zum Christentum, die vor allem auf Gwenhwyfars Betreiben stattfindet.

Als Artus eine wichtige Schlacht gewinnt und für anscheinend dauerhaften Frieden im Land sorgt, bricht die Blütezeit seines Hofes an. Während Artus’ Beliebtheit beim Volk immer weiter zunimmt, spitzt sich der Konflikt mit der Herrin von Avalon zu. Viviane schmiedet Pläne, Artus zu stürzen, wird allerdings erschlagen, bevor sie diese in die Tat umsetzen kann. Morgaine, die sich von ihrem Dasein als Priesterin eigentlich abgewandt hatte, stellt ihre spirituelle Verbindung zu Avalon wieder her und macht Vivianes Ziele zu ihren eigenen: sie setzt alles daran, Artus dazu zu zwingen, sich wieder zu Avalon zu bekennen, und, als sich ihre Bemühungen als vergeblich erweisen, ihn zu stürzen.

Aber auch ihre Pläne scheitern. Morgaine zieht sich schließlich nach Avalon zurück. Artus wird zuletzt von seinem Sohn Mordred verraten, beim Kampf töten sich die beiden gegenseitig. Die eigentliche Handlung endet mit dem Tod Artus’. Der Epilog berichtet, wie Morgaine Lancelots Beerdigung in der Abtei von Glastonbury beiwohnt.

Die Nebel von Avalon wird oft als "feministische Deutung" des Artusstoffs rezipiert. Tatsächlich sind die Konzepte von Männlichkeit und Weiblichkeit sowie patriarchalische und matriarchalische Gesellschaftsstrukturen zentrale Themen des Romans, wobei dies nicht mit einer feministischen Interpretation der Überlieferung übereinstimmen muss. Ein weiteres wichtiges Thema, das immer wieder in der Gegenüberstellung zweier Glaubensrichtungen verhandelt wird, ist die Religion. Und Schließlich behandelt der Roman, allerdings eher implizit, Themen wie Rittertum und höfische Liebe.

Populärrezeption

Zieht man das Online-Lexikon Wikipedia als eine der wichtigsten Quellen für populäre Wissensbestände über jeglichen Gegenstand heran, findet man dort folgende Interpretation des Romans:

„Der Roman gilt unter Lesern und Kritikern als vielschichtige und sprachlich ansprechende Nacherzählung der Artus-Sage, dessen spirituelles Zentrum Avalon ist. Da er aus der Sicht der Morgaine (Avalon-Priesterin und Halbschwester Artus') geschrieben ist, gibt es eine besonders starke feministische Auseinandersetzung mit dem Roman.“ (http://de.wikipedia.org/wiki/Die_Nebel_von_Avalon (22.11.2009).

Hier zeigt sich neben der allgemein positiven Wertung des Werks auch der populäre Interpretationszugang, nämlich die feministische Lektüre des Romans.

Auf Amazon.de wird Die Nebel von Avalon als "gewaltiges Epos in der großen Tradition der Ritterromane" bezeichnet, mit dem die Autorin "den Zauber der alten Mythen und Legenden um König Artus wieder heraufbeschwört. (http://www.amazon.de/Nebel-Avalon-Marion-Zimmer-Bradley/dp/3596282225/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1258905650&sr=8-1(22.11.2009)). Die große Zahl an Kundenrezensionen und die fast ausschließlich positiven Lesermeinungen, die im Kundenbereich von Amazon.de geäußert werden (http://www.amazon.de/product-reviews/3596282225/ref=cm_cr_dp_see_all_top?ie=UTF8&showViewpoints=1), weisen auf ein großes öffentliches Interesse an dem Roman hin.

Die Nebel von Avalon wurde im Jahr 2011 in der 29. Auflage vom Fischer Taschenbuchverlag herausgegeben (http://www.fischerverlage.de/buch/die_nebel_von_avalon/9783596282227).

Im Bereich der Populärrezeption wird Die Nebel von Avalon in der Regel als Fantasy-Roman mit historischem Hintergrund interpretiert (vgl. Mende 2012, S. 117 ff.). Eine genaue Analyse zeigt allerdings, dass das Werk sehr viel stärker zeitgenössische Diskurse des Neopaganismus und der Frauenbewegung aufnimmt, als tatsächlich einen Mittelalterbezug herzustellen (vgl. Mende 2012, S. 160 ff.).

Adaptionen des Werkes gibt es nur wenige. Im Jahr 2001 wurde Die Nebel von Avalon unter der Regie von Uli Edel als TV-Film adaptiert. Ausserdem gibt es eine Parodie mit dem Titel Die Schnäbel von Avalon.

Wissenschaftliche Rezeption

In der wissenschaftlichen Rezeption wird Die Nebel von Avalon in der Regel unter dem Aspekt der Mittelalterrezeption betrachtet. Dabei wird untersucht, wie der im Mittelalter populäre Stoff in Marion Zimmer Bradleys Roman adaptiert wurde (z.B. Thompson 1985, Morrison 1991, Essl 1995, Mende 2012) oder einzelne Themen, Motive und Figuren im Vergleich zur Überlieferungsgeschichte hervorgehoben (z.B. Templin 1998, Beuck 1989).

Ina Karg hebt einen weiteren Aspekt des Romans hervor, der bislang vernachlässigt wurde:

"‘The Mists of Avalon‘ ist eine Familiensaga, die sich über mehrere Generationen hinweg erstreckt, was in der Literaturgeschichte nicht unbekannt ist. Leidenschaft, Liebe, Intrigen und die religiöse Konfrontation zwischen Christentum und Druidenglauben sind Konfliktpotential, doch eigentlich geht es viel mehr um höchst gegenwärtige Muster von Lieb- und Feindschaften, wie man sie von den amerikanischen Soaps der 70er Jahre 'Dallas' und 'Denver' kennt und wie dies eines Vergleichs mit dem amerikanischen Camelot-Mythos der Kennedy-Administration und –Familiendynastie und seiner kulturgeschichtlichen Aufarbeitung harrt." (Karg 2007, S. 167 f., Fußnote 19).

Bibliografie

Primärliteratur

  • Zimmer Bradley, Marion: Die Nebel von Avalon. 29. Auflage. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch-Verlag, 2011.
  • Zimmer-Bradwurst, Magerion: Die Schnäbel von Avalon. Norderstedt: Books on demand, 2001.

Literatur

  • Beuck, Silke: Die Artus-Figur in der modernen Literatur. Eine Untersuchung von Marion Zimmer Bradleys Roman ‚The Mists of Avalon“. Kieler Magisterarbeit. Kiel: Universität, 1989.
  • Essl, Monika: Die Rezeption des Artusstoffes in der englischen und amerikanischen Literatur des 20. Jahrhunderts bei Thomas Berger, Marion Zimmer Bradley, E.A. Robinson, Mary Stewart und T.H. White. Salzburger Diss. Lewiston, NY u.a.: Edwin Mellen Press, 1995. (=Salzburg English & American studies, 22).
  • Karg, Ina: Ritter, Elfen, Zauberwelten. Mittelalterbilder in aktuellen Kinder- und Jugendbüchern. In: Bilder vom Mittelalter. Eine Berliner Ringvorlesung. Hrsg. von Volker Mertens und Carmen Stange. Göttingen, 2007. S. 155-179.
  • Mende, Iris:  Vermitteltes Mittelalter? Schulische und außerschulische Potentiale moderner Mittelalterrezeption. Göttinger Diss. Frankfurt am Main: Lang, 2012.
  • Morrison, Susan Signe: Morgan le Fay’s Champion. Marion Zimmer Bradley’s „The Mists of Avalon“ as Challenge to Sir Thomas Malory’s „Le Morte D’Arthur“. In: Mittelalter-Rezeption IV. Medien, Politik, Ideologie, Ökonomie: gesammelte Vorträge des 4. Internationalen Symposions zur Mittelalter-Rezeption an der Universität Lausanne 1989. Hrsg. von Irene von Burg, Jürgen Kühnel, Ulrich Müller und Alexander Schwarz. Göppingen, 1991. (=Göppinger Arbeiten zur Germanistik, 550). S. 133-154.
  • Templin, Olaf: Tafelrunde und Gral. Zur Funktion von Religion in Thomas Malorys Le Morte D’Arthur und Marion Zimmer Bradleys The Mists of Avalon. Düsseldorfer Diss. Düsseldorf: Droste, 1998.
  • Thompson, Raymond Henry: The return from Avalon. A Study of the Arthurian legend in modern fiction. Westport, Connecticut u.a.: Greenwood Press, 1985. (=Contributions to the study of science fiction and fantasy, 14)

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